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Mit Blaulicht gegen Bakterien

Erde|Umwelt

Mit Blaulicht gegen Bakterien
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Höchste Alarmstufe: Blaues Licht bedeutet das Aus für viele Infektionen. Bild: Thinkstock
Es erscheint fast zu einfach, um wahr zu sein: US-Forscher haben entdeckt, dass simples blaues Licht Bakterien in infizierten Brandwunden vollständig abtöten kann – ganz ohne die verletzte Haut zusätzlich zu schädigen. Auch sonst konnten die Wissenschaftler im Versuch mit Mäusen keine Nebenwirkung der Behandlung beobachten. Sollte sich das Verfahren auch beim Menschen bewähren, gäbe es endlich eine neue, schonende Möglichkeit, Hautinfektionen zu behandeln – selbst wenn sie von antibiotikaresistenten Bakterien verursacht werden.

Bakterien heimzuleuchten ist keine ganz neue Idee. Es gab bereits Tests mit UV-Strahlung verschiedener Wellenlänge und unterschiedlicher Intensität, die den Mikroben den Garaus machen soll. Das funktioniert zwar, die energiereiche Strahlung ruft aber nicht selten an den behandelten Hautstellen ebenfalls zum Teil schwere Schäden hervor. Eine potenzielle Alternative wäre die sogenannte fotodynamische Therapie. Sie ist bereits seit längerem in der Klinik im Einsatz, etwa gegen bestimmte Formen von Hautkrebs oder gegen Gefäßwucherungen im Auge. Dabei wird das zu behandelnde Gewebe vor der Bestrahlung mit einer Substanz präpariert, die durch das Licht zerfällt und dabei den eigentlichen Wirkstoff bildet. Er tötet dann die unerwünschten Zellen ab.

Kein zusätzlicher Wirkstoff nötig

Um damit Infektionen zu behandeln, müsste der lichtempfindliche Stoff jedoch so modifiziert werden, dass er ausschließlich in die Mikrobenzellen eindringt – und genau das ist bisher nicht gelungen. Im Fall von Brandwunden, in denen sich besonders häufig Bakterien einnisten, kommt noch hinzu, dass die Haut selbst bereits extrem stark geschädigt ist und nicht mit Chemikalien in Kontakt kommen sollte. An diesem Punkt kommt die Blaulicht-Methode ins Spiel: Sie setzt zwar auf das gleiche Prinzip wie die Fotodynamik, benötigt aber keinen zusätzlichen lichtempfindlichen Wirkstoff. Denn durch das blaue Licht zerfallen bestimmte Moleküle, die natürlicherweise im Inneren von Bakterienzellen vorkommen, nicht jedoch in Zellen von Säugetieren oder Menschen. Das Prinzip hat sich bereits in Studien bei Zahnfleischentzündungen und (?) bei bestimmten Formen von Akne bewährt.

Das Team um den Dermatologen Michael Hamblin von der Harvard Medical School testete daher nun, ob Blaulicht auch etwas gegen die – im Allgemeinen sehr viel schwerwiegenderen – Infektionen bei Brandopfern ausrichten kann. Dazu testeten sie zunächst im Labor, welche Auswirkungen eine Bestrahlung mit blauem Licht auf kultivierte Hautzellen und auf Bakterien vom Typ Pseudomonas aeruginosa hatte. Diese Mikroorganismen, die häufig Hautinfektionen verursachen, sind besonders gefürchtet, weil sie nicht selten gegen alle gängigen Antibiotika resistent sind. Resultat des Tests: Die Bakterien verloren relativ schnell ihre Aktivität, während die Hautzellen erst sehr viel später überhaupt eine Schädigung zeigten. Optimale Voraussetzungen also für eine Blaulichttherapie gegen P. aeruginosa.

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Durchschlagender Erfolg

Anschließend testeten die Wissenschaftler ihre Methode bei Mäusen, bei denen sie Brandwunden im Brustbereich mit den Bakterien infiziert hatten. Sie bestrahlten die verbrannte Haut mehrmals mit einer blauen Leuchtdiode und beobachteten anschließend, wie viele Bakterien noch lebendig und aktiv waren. Das Ergebnis sei extrem beeindruckend gewesen, berichtet das Team: Während von den unbehandelten Tieren neun von elf nach nicht einmal drei Tagen an einer Sepsis starben, überleben nicht nur alle bestrahlten Mäuse, ihre Infektionen waren nach dieser Zeit auch praktisch vollständig ausgeheilt. Die behandelte Haut trug ebenfalls keinerlei Schäden davon, lediglich direkt nach der Bestrahlung sei vorübergehend eine leichte Schwellung aufgetreten, berichtet das Team.

Die Wissenschaftler gehen trotz bisher fehlender Daten davon aus, dass sich das Verfahren in klinischen Tests genauso bewähren wird wie jetzt in ihrem Versuch. Es gelte lediglich, zu prüfen, ob menschliche Haut die Behandlung ebenso unbeschadet übersteht wie die Mäusehaut, und ob sich mit der Zeit nicht doch Resistenzen gegen die Bestrahlung bilden können. Die Forscher selbst halten das für unwahrscheinlich, können es jedoch nicht ganz ausschließen. Sie sehen jedoch großes Potenzial in der Methode und vermuten, dass diese sich auch bei anderen Bakterientypen und Infektionsarten einsetzen lässt.

Tianhong Dai (Massachusetts General Hospital, Boston) et al.: Antimicrobial Agents and Chemotherapy, doi: 10.1128/AAC.01652-12 © wissenschaft.de – Ilka Lehnen-Beyel
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