Von großen braunen Flecken bis zu kleinen oder fast gar keinen Tupfern: der Grad der Musterung von Wachteleiern variiert von Vogel zu Vogel die Eierschalen tragen also gleichsam den Stempel der Mutter. Doch nicht nur das hat ein britisches Forscherteam herausgefunden: Offenbar sind sich die Tiere über das Aussehen ihrer Eier bewusst. Denn den Experimenten der Biologen zufolge legt eine Wachtelhenne ihre Eier immer bevorzugt an eine Stelle, deren Aussehen zu ihrem persönlichen Ei-Look passt. Dadurch können die Bodenbrüter dem Gelege den besten Tarneffekt sichern, um es vor hungrigen Blicken zu bewahren, sagen George Lovell von der University of St. Andrews und seine Kollegen.
Auch wenn uns die Muster von Wachteleiern auf den ersten Blick eher auffällig erscheinen, handelt es sich dabei um ein Tarnverfahren. Es ist das gleiche Konzept, das beispielsweise auch das Zebra, der Leopard oder das Militär bei seinen Flecktarn-Uniformen nutzt: die sogenannte Somatolyse. Aus der Ferne betrachtet, lassen die Muster dabei die Konturen eines Körpers mit dem Hintergrund verschwimmen. Je nachdem wie die jeweilige Kulisse beschaffen ist, erzeugen bestimmte Muster dabei einen starken oder weniger intensiven Tarneffekt. In den Weiten der Savanne mit ihren Sträuchern und der flirrenden Hitze sind beispielsweise Zebras durch ihre Streifen kaum auszumachen. Das Fell eines Leoparden punktet dagegen beim Lauern in einer belaubten Baumkrone und im Fall der Wachteln machen Muster ihre Eier am Boden unsichtbar.
Das passt genau zu meinen Eiern!
Den Forschern war eines Tages aufgefallen, dass die Unterschiede in der Zeichnung von Wachteleiern keine Zufallsprodukte sind, sondern mit der jeweiligen Henne verknüpft sind. Manche Tiere legen demnach also Eier mit großen dunklen Bereichen auf der Schale, andere dagegen mit kleinen Flecken oder gar Sprenkeln und manche Gelege sind fast ganz cremefarben. Das brachte die Forscher auf die Idee, dass die Tiere ihre Eier möglicherweise gezielt an Orte legen könnten, die optische Eigenschaften besitzen, die zum jeweiligen Eimuster passen. Um dieser Frage nachzugehen, gaben sie Wachtelhennen bei der Eiablage die Wahl zwischen vier verschiedenen Bodenabschnitten, die sich in Farbe und Musterung unterschieden.
Ergebnis: Die Wachtelhennen legten ihre Eier auf die Felder, deren Aussehen dem spezifischen Flecktarn ihrer jeweiligen Eier entsprachen. Vögel mit intensiv gemusterten Eiern legten sie demnach auf dunkleren Untergrund, Hennen mit wenig strukturierten Eiern platzierten sie stattdessen auf helle Testfelder, deren vorherrschender Ton der Schalenfarbe entsprach. “Wachteln können also anhand ihres Wissens über das Aussehen ihrer Umwelt und ihrer eigenen Eier entscheiden, was optimal ist, um Eierdiebe fernzuhalten, resümiert George Lovell.
George Lovell (University of St. Andrews) et al.: Current Biology, doi: 10.1016/j.cub.2012.12.031 © wissenschaft.de
Martin Vieweg