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Umbau im Hirn

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Umbau im Hirn
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Cannabinoide lassen das Gehirn weiblicher Jungratten vermännlichen - was sich auch im Verhalten der Tiere widerspiegelt.
Cannabis hat möglicherweise einen bislang unbekannten Einfluss auf geschlechtstypische Eigenheiten. Das lässt zumindest das Ergebnis einer Studie US-amerikanischer Wissenschaftler an jungen Ratten vermuten: Bekamen die Tiere kurz nach ihrer Geburt einen cannabisartigen Wirkstoff verabreicht, glich sich die Hirnentwicklung der Weibchen an die der Männchen an. Als Folge davon zeigten die weiblichen Tiere als Heranwachsende auch eine Neigung zu eher männlichem Verhalten. Da ein solcher Effekt weitreichende Konsequenzen für das gesamte Leben habe, sei es extrem wichtig, die zugrundeliegenden Vorgänge genau zu verstehen, betonen die Forscher – vor allem, da das dafür verantwortliche Signalsystem beim Menschen praktisch genauso aufgebaut ist wie bei Ratten.

Cannabis beziehungsweise dessen Inhaltsstoffe, die Cannabinoide, haben nur deswegen eine Wirkung aufs Gehirn, weil es dort die passenden Schlösser für die Cannabinoid-Schlüssel gibt: Es existieren Rezeptoren in verschiedenen Hirnbereichen, an die die Cannabinoide andocken können. Einer dieser Hirnbereiche ist die Amygdala, auch Mandelkern genannt. Sie gilt als eines der wichtigsten Steuerzentren für Impulsverhalten und beeinflusst nach bisherigem Wissen unter anderem die Partnerwahl, das Verhalten gegenüber dem eigenen Nachwuchs, die persönliche Aggressivität und eine Reihe anderer emotionaler Reaktionen. Wie genau die Cannabinoide die Entwicklung oder die Funktion der Amygdala beeinflussen, ist bislang allerdings unklar.

Desiree Krebs-Kraft von der University of Maryland in Baltimore und ihre Kollegen nahmen daher nun die Amygdala neugeborener Ratten unter die Lupe. Dabei stellten sie fest, dass das körpereigene Cannabinoid-System offenbar für einen sogenannten Geschlechtsdimorphismus verantwortlich ist: Bei den Weibchen wuchs der Mandelkern schneller als bei den Männchen, weil sich ein bestimmter Zelltyp schneller und häufiger teilte – allerdings nur, wenn der Spiegel an körpereigenen Cannabinoiden niedriger lag. Glichen die Forscher ihn künstlich aus, verschwand der Unterschied zwischen den Geschlechtern, die Amygdala der Weibchen vermännlichte also sozusagen. Das spiegelte sich anschließend auch im Verhalten der behandelten Tiere wider: Sie wurden draufgängerischer, waren weniger scheu und entwickelten eine größere Risikobereitschaft als ihre unbehandelten Artgenossinnen.

Einen ähnlichen Effekt kennen Forscher bisher nur von Sexualhormonen, die ebenfalls bestimmte Hirnstrukturen prägen können, erläutern Krebs-Kraft und ihr Team. Wenn Cannabinoide nun ebenfalls in der Lage seien, geschlechtertypische Merkmale zu beeinflussen, müsse das dringend genauer untersucht werden – vor allem im Hinblick auf das Missbrauchspotenzial der Substanzen als Drogen.

Desiree Krebs-Kraft (University of Maryland, Baltimore) et al.: PNAS, doi: 10.1073/pnas.1005003107 dapd/wissenschaft.de – Ilka Lehnen-Beyel
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