In einer Gruppe kann die kollektive Intelligenz mehr sein als die Summe ihrer Teile: Je einfühlsamer die Mitglieder eines Teams sind, desto höher ist die Intelligenz der gesamten Gruppe – und damit auch ihre Arbeitsleistung. Das haben US-Forscher in einer groß angelegten Studie herausgefunden, in der verschiedene Gruppen von Probanden eine Reihe von Aufgaben bewältigen mussten. Als entscheidender Faktor für die Effektivität einer Gruppe machten die Wissenschaftler die ?soziale Sensibilität? der einzelnen Gruppenmitglieder aus, also die Fähigkeit, die Gefühle der anderen wahrzunehmen. Zukünftig könnte diese Entdeckung in vielen Bereichen der Wirtschaft und Forschung zum Einsatz kommen, etwa um optimale Teams zusammenzustellen oder allgemein bessere Arbeitsergebnisse zu erzielen.
Über eine Reihe von kognitiven Tests ist es nicht nur möglich, die Intelligenz eines Individuums zu messen, sondern auch die kollektive Intelligenz einer Gruppe. Das heißt konkret: Wie effektiv kann eine Gruppe ein gemeinsames Problem in Zusammenarbeit lösen. Diese Gruppenintelligenz leitet sich aus zwei verschiedenen Faktoren ab: Sie ist sowohl von der durchschnittlichen Intelligenz der einzelnen Gruppenmitglieder als auch von der Interaktion der Individuen miteinander abhängig, wie Anita Williams Woolley und ihre Kollegen von der Carnegie Mellon University in Pittsburgh nun feststellten. Die Wissenschaftler teilten insgesamt 699 Versuchsteilnehmer in kleinere Gruppen von zwei bis fünf Personen auf und stellten ihnen diverse Aufgaben. Das Spektrum der Tests reichte über das Lösen von Puzzeln, dem Verhandeln über begrenzte Ressourcen bis zum Treffen einer schweren moralischen Entscheidung.
Dabei stellte sich heraus, dass Gruppen mit einer großen Sensibilität der Mitglieder füreinander eine höhere Gruppenintelligenz aufwiesen als andere Gruppen. Eine solche soziale Sensibilität entstehe aus der Fähigkeit der einzelnen Individuen, die Gefühle der anderen Gruppenmitglieder wahrzunehmen und richtig einzuordnen, erläutern die Forscher. Diese Fähigkeit sei weitaus wichtiger für die erfolgreiche Lösung von Problemstellungen als die durchschnittliche Intelligenz der einzelnen Teilnehmer. Zudem war die kollektive Intelligenz in denjenigen Gruppen höher, in denen die Mitglieder alle gleich häufig zu Wort kamen. Gruppen, die von einer Person dominiert wurden, taten sich weitaus schwerer bei der Problemlösung. Darüber hinaus besaßen Teams mit einem hohen Frauenanteil eine größere kollektive Intelligenz als Teams mit weniger weiblichen Mitgliedern. Dies lasse sich auf die durchschnittlich höhere soziale Sensibilität von Frauen zurückführen, so die Forscher.
Anhand der Ergebnisse der Studie könnte zukünftig aufgrund der Gruppenzusammenstellung vorhergesagt werden, wie flexibel und effektiv die Gruppe auf auftretende Probleme reagieren wird. Die kollektive Intelligenz eines Teams könne zudem gesteigert werden, indem man entweder Mitglieder austauscht oder ihnen bessere Möglichkeiten zur Zusammenarbeit biete, erläutern die Wissenschaftler.
Anita Williams Woolley (Carnegie Mellon University, Pittsburgh) et al.: Science, Onlinevorabveröffentlichung, doi: 10.1126/science.1193147. dapd/wissenschaft.de ? Gwydion Brennan