In ihrer Studie untersuchten die Wissenschaftler um Marko Nardini vom Institut für Augenheilkunde am University College London, wie Kinder und Erwachsene perspektivische und binokulare Tiefeninformation kombinieren. Die Studienteilnehmer mussten dabei zwei unterschiedlich schräge Flächen vergleichen und beurteilen, welche die flachere war. Sie bekamen dazu entweder perspektivische oder binokulare Information oder beides zusammen. Ergebnis: Erst ab einem Alter von zwölf Jahren werden die zwei Tiefeninformationsquellen verknüpft.
Als Grund dafür vermuten die Forscher eine unterschiedliche Zielsetzung von Erwachsenen und Kindern: Bei Kindern gehe es zunächst einmal darum, die in vielerlei Hinsicht noch unbekannte Welt möglichst schnell zu erfassen. Nach einigen Jahren seien dann die Rahmenbedingungen geschaffen, um auch auf größere Präzision Wert legen zu können.
Ist diese Sinnesverschmelzung aber erst einmal gelernt, können visuelle Informationen nicht mehr unabhängig voneinander wahrgenommen werden. Das bewiesen die Forscher, indem sie Kindern und Erwachsenen 3-D-Bilder mit widersprüchlichen Tiefeninformationen zeigten. Jüngere Kinder hatten keine Probleme schräge Flächen zu vergleichen, wenn sich die perspektivische Tiefeninformation nicht mit der Information aus dem binokularen Sehen deckte. Erwachsene konnten die Aufgabe jedoch nur schlecht lösen, da sie die gegensätzlichen Eindrücke miteinander kombinierten und eine Art Durchschnittswert bildeten.
In weiteren Studien wollen die Wissenschaftler nun die strukturellen Veränderungen im Gehirn, die sich während der Entwicklung der Tiefenwahrnehmung vollziehen, mit Hilfe der funktionellen Magnetresonanztomographie sichtbar machen.