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Was Menschen und Schleimpilze gemein haben

Erde|Umwelt

Was Menschen und Schleimpilze gemein haben
Wer Entscheidungen unter Zeitdruck fällen muss, trifft oft die falsche Wahl. Schleimpilzen geht es da nicht anders als den Menschen, wie zwei australische Biologinnen jetzt in Experimenten mit den Einzellern herausgefunden haben. Fehlentscheidungen waren dabei zudem umso wahrscheinlicher, je mehr die Organismen unter Stress standen. Derartige Zusammenhänge seien bislang vom Menschen und diversen Tierarten bekannt, die Liste müsse nun entsprechend erweitert werden, berichtenTanya Latty und Madeleine Beekman von der University of Sydney.

Die Eumycetozoa, auch Schleimpilze genannt, sind weltweit verbreitet, wobei sie in den gemäßigten Breiten deutlich häufiger vorkommen als in den subtropischen und tropischen Gebieten. Sie besiedeln unter anderem Waldböden, verrottetes Pflanzenmaterial und Totholz. Schleimpilze bilden ein Plasmodium, also eine Plasmamasse ohne Zellwand aber mit einer Vielzahl von Zellkernen. In vielen Punkten bewegen sie sich in einer Grauzone zwischen Pilz-, Tier- und Pflanzenreich: Beispielsweise können sie sich ähnlich wie Amöben fortbewegen, indem sie sich in eine Richtung strecken und dann den Rest ihres Körpers nachziehen. Ebenso bilden sie aber unter bestimmten Bedingungen Fruchtkörper. Die Experimente von Latty und Beekman belegen erneut die Sonderstellung der Organismen.

In den Versuchen der beiden Biologinnen hatten Plasmodien der Schleimpilz-Art Physarum polycephalum die Wahl zwischen drei gleichweit entfernten Nährmedien mit unterschiedlichem Nährstoffgehalt. Als Nährmedium diente jeweils eine Mischung aus Agar und Hafermehl. Nun setzten die Forscherinnen einige Schleimpilze unter Stress: Einmal, indem sie sie starker Lichteinstrahlung aussetzten, ein anderes Mal, indem sie die Plasmodien auf Diät setzten und sie 24 Stunden auf einem nährstofffreien Medium kultivierten. Anschließend beobachteten sie, wie schnell und für welche der drei Varianten sich die gestressten Schleimpilze entscheiden würden.

Das Ergebnis war eindeutig: Je mehr die Organismen unter Stress standen, desto schneller trafen sie ihre Entscheidung ? und umso häufiger wählten sie eine ungünstige Variante mit geringem Nährstoffgehalt. Entspannte Schleimpilze hingegen ließen sich mehr Zeit, trafen dafür aber auch die besseren Entscheidungen.

Dieser Effekt war allerdings nur dann zu beobachten, wenn es sich um „schwierige“ Entscheidungen handelte, bei denen die Unterschiede in der Nährstoffkonzentration der drei Futterquellen mit zwei Prozent eher gering waren. Waren die Konzentrationsunterschiede mit jeweils vier Prozent relativ hoch und die Unterscheidung somit leichter, kehrte sich der Effekt um und die gestressten Schleimpilze nahmen sich mehr Bedenkzeit als ihre entspannten Artgenossen. Damit sank auch die Fehlerquote der gestressten Pilze. Möglicherweise hätten die Organismen erkannt, dass ein Fehler im Test mit den höheren Konzentrationsunterschieden deutlichere Konsequenzen nach sich gezogen hätte, vermuten die Forscherinnen: Hier wären den Schleimpilzen bei der falschen Entscheidung nämlich auch mehr Nährstoffe entgangen.

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Tanya Latty und Madeleine Beekman (University of Sydney): Proceedings of the Royal Society B, Online-Vorabveröffentlichung, doi: 10.1098/rspb.2010.1624 dapd/wissenschaft.de ? Mascha Schacht
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