In den Versuchen der beiden Biologinnen hatten Plasmodien der Schleimpilz-Art Physarum polycephalum die Wahl zwischen drei gleichweit entfernten Nährmedien mit unterschiedlichem Nährstoffgehalt. Als Nährmedium diente jeweils eine Mischung aus Agar und Hafermehl. Nun setzten die Forscherinnen einige Schleimpilze unter Stress: Einmal, indem sie sie starker Lichteinstrahlung aussetzten, ein anderes Mal, indem sie die Plasmodien auf Diät setzten und sie 24 Stunden auf einem nährstofffreien Medium kultivierten. Anschließend beobachteten sie, wie schnell und für welche der drei Varianten sich die gestressten Schleimpilze entscheiden würden.
Das Ergebnis war eindeutig: Je mehr die Organismen unter Stress standen, desto schneller trafen sie ihre Entscheidung ? und umso häufiger wählten sie eine ungünstige Variante mit geringem Nährstoffgehalt. Entspannte Schleimpilze hingegen ließen sich mehr Zeit, trafen dafür aber auch die besseren Entscheidungen.
Dieser Effekt war allerdings nur dann zu beobachten, wenn es sich um „schwierige“ Entscheidungen handelte, bei denen die Unterschiede in der Nährstoffkonzentration der drei Futterquellen mit zwei Prozent eher gering waren. Waren die Konzentrationsunterschiede mit jeweils vier Prozent relativ hoch und die Unterscheidung somit leichter, kehrte sich der Effekt um und die gestressten Schleimpilze nahmen sich mehr Bedenkzeit als ihre entspannten Artgenossen. Damit sank auch die Fehlerquote der gestressten Pilze. Möglicherweise hätten die Organismen erkannt, dass ein Fehler im Test mit den höheren Konzentrationsunterschieden deutlichere Konsequenzen nach sich gezogen hätte, vermuten die Forscherinnen: Hier wären den Schleimpilzen bei der falschen Entscheidung nämlich auch mehr Nährstoffe entgangen.