Die Wissenschaftler rüsteten für ihre Studie Hirschkuh Vera und ihr Kalb mit jeweils einem Halsband-Sender aus. Die höhere Toleranz der Tiere Reaktion der Tiere auf den Lärm von Waldarbeiten legten schon persönliche Beobachtungen nahe: „Der Fahrer einer großen, lärmenden Holzerntemaschine hat beim Fällen von Bäumen das Muttertier und sein Kalb immer wieder beobachtet“, sagt Friedrich Burghardt, wissenschaftlicher Betreuer des Projektes. Die Positionsdaten des Halsband-Senders zeigen: „Vera ließ sich durch den Lärm der großen Maschine nicht stören oder gar vertreiben!“
Ganz anders reagierte die Hirschkuh allerdings auf einen Projektmitarbeiter, der sich wie ein Pilzsucher durch den Wald bewegte: Während die Hirschkuh die Nähe des extrem lauten Forstfahrzeugs tolerierte, ergriff sie mit ihrem Kalb vor dem vermeintlichen Pilzsammler die Flucht und kehrte erst nach über 24 Stunden in ihr gewohntes Gebiet zurück.
„Dieses Ergebnis zeigt, wie gut Rotwild die Gefahr durch Menschen einschätzen kann“, erläutert Andreas Kinser, Forst- und Jagdexperte der Deutschen Wildtier Stiftung. „Unkalkulierbare Störungen wie Wanderer, Mountainbike-Fahrer oder Pilzsucher, die die üblichen Wege verlassen, werden von Rotwild als Bedrohung angesehen.“
Die Störungen sind nicht nur für die Tiere selbst eine Belastung, sie führen darüber hinaus auch zu Wildschäden im Wald, erklären die Forscher. Durch das Fluchtverhalten haben die Tiere einen erhöhten Energiebedarf, den sie im Wald an jungen Bäumen decken müssen. Die Deutsche Wildtier Stiftung bittet deshalb alle Waldbesucher, auf den Wegen zu bleiben. Leise durch den Wald zu schleichen bringt auch nichts: „Verhält sich der Pilzsammler normal laut, kann das Wild die Störung orten und sich eher darauf einstellen“, empfiehlt Kinser.