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Pantomimen-Primaten

Erde|Umwelt

Pantomimen-Primaten
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Gib mir die Banane! Freilebende Orang-Utans verwenden Gebärdenspiele, um Forderungen auszudrücken. flickr.com,
Freilebende Orang-Utans verwenden Gebärdenspiele, um Artgenossen und Menschen Wünsche oder Forderungen zu verdeutlichen. Kanadische Biologen haben im Urwald auf der Insel Borneo bei den Großaffen 18 Gebärden beobachtet, die der Erklärung einer zuvor missverständlichen Ausdrucksweise dienen. Darüber hinaus besitzen die Handlungen keine weitere Funktion. Gesten unter Großaffen waren bislang nur in Gefangenschaft beobachtet worden. Zudem zeichnen sich die nun entdeckten pantomimischen Gesten durch eine verblüffende Systematik und Kreativität aus ? Strukturen, die als Grundlagen von Sprache angesehen werden, schreiben Anne Russon vom Glendon College und Kristin Andrews von der York University in Toronto.

Kommunikation unter Großaffen ist sehr vielfältig. Verhaltensforschern ist bereits bekannt, dass Orang-Utans, Schimpansen und Gorillas zur Kommunikation zahlreiche Gesten verwenden ? beobachtet wurden diese allerdings nur bei in Gefangenschaft lebenden Primaten. Koko, ein sprachtrainierter Gorilla, verwendete beispielsweise eine eindeutige Geste, um Ton darzustellen: Er simulierte das Rollen einer Tonkugel zwischen den Händen. Studien haben bisher nur gezeigt, dass sich Großaffen dieser Gesten bedienen, um den Artgenossen Sachverhalte zu erklären. Genauere Untersuchungen dieses Verhaltens bei freilebenden Tieren lagen noch nicht vor.

Die Biologen haben nun Beobachtungen ausgewertet, die sie über einen Zeitraum von 20 Jahren gesammelt hatten. Diese stammen von ausgewilderten Orang-Utans, die im Urwald der Insel Borneo leben. Beim Menschen finden Pantomimen besonders dann Anwendung, wenn Informationen zur Verdeutlichung einer Aussage benötigt werden. Beispielsweise repräsentiert ein drehender Finger einen Strudel. Wegen der Komplexität dieser Verhaltensweise hatten einige Forscher bislang angenommen, dass Pantomimen nur bei Menschen vorkommen. Dasselbe Prinzip nutzen aber auch Orang-Utans: Einer von ihnen nahm ein Blatt und wischte sich damit Dreck vom Kopf, währenddessen hielt er Augenkontakt mit seinem Gegenüber. Anschließend reichte er ihm das Blatt und forderte ihn auf es ihm gleich zu tun.

Die Orang-Utans verfügen den Forschern zufolge über ein großes Repertoire an solchen Pantomimen: Sie identifizierten 18 unterschiedliche Arten der Gestik und Mimik, 14 waren an Menschen gerichtet und vier an Artgenossen. Meist folgten sie auf eine zuvor gescheiterte Kommunikation, indem die Primaten diese durch Details verbesserten und die zuvor erfolglos eingesetzten Gesten vermieden. In 12 von 13 Fällen war diese ausführlichere Beschreibung erfolgreich. Dabei waren einige der Pantomimen erstaunlich komplex ? Merkmale, die auch für Sprache charakteristisch sind.

Diese vielschichtigen Gebärdenspiele ermöglichen Ausdrucksweisen, die in ihrer Funktion einzelnen Sätzen der Sprache entsprechen. „Sowohl beim Menschen, als auch beim Affen sind Pantomimen eine Erklärungshilfe und keine eigene Nachricht“, erklären die Biologen.

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Anne Russon (Glendon College, Toronto, Kanada) und Kristin Andrews (York University, Toronto): Biology Letters, Onlinevorabveröffentlichung, doi:10.1098/rsbl.2010.0564 ddp/wissenschaft.de ? David Köndgen
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