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Kühle Immunität

Erde|Umwelt

Kühle Immunität
Gene von kälteliebenden Bakterien könnten eingesetzt werden, um bakterielle Krankheitserreger im menschlichen Körper zu bekämpfen. Das haben Wissenschaftler aus Kanada und den USA herausgefunden, als sie verschiedene Gene eines Krankheitserregers durch die einer arktischen Bakterienart ersetzten. Zunächst vermehrten sich die Krankheitserreger wie gewohnt. Als die Zellen jedoch der menschlichen Körpertemperatur von etwa 37 Grad Celsius ausgesetzt wurden, hörten sie auf zu wachsen und starben. Die kälteangepassten Gene könnten deshalb helfen, einen temperaturabhängigen Impfstoff zu entwickeln, der beispielsweise gegen Salmonellen oder Tuberkulose eingesetzt werden könne.

Sämtliche Organismen besitzen eine bestimmte Anzahl lebenswichtiger Gene. Bei Bakterien gibt es mindestens 100 davon. Die jüngste technische Entwicklung hat dazu beigetragen, dass mehr und mehr dieser entscheidenden Gene entdeckt werden konnten, die sich im Laufe der Evolution zwischen den einzelnen Bakterienarten nur minimal verändert haben. Es sind jedoch diese kleinen genetischen Unterschiede, die bewirken dass die Genprodukte (Proteine) auch bei Bakterienarten funktionieren, die unter extremen Temperaturbedingungen leben. Wissenschaftler gehen davon aus, dass es kälteliebende Mikroorganismen bereits seit mehr als zwei Milliarden Jahren gibt. In der Kälte ist deren Aktivität erhöht, wird es den Organismen jedoch zu warm, kommt es rasch zur Instabilität. Schon seit mehreren Jahrzehnten nutzen Forscher diesen Umstand, um temperaturempfindliche Viren herzustellen, die als Lebendimpfstoffe dienen. Bei Lebendimpfstoffen kann sich der verabreichte Erreger noch eine gewisse Zeit vermehren, bevor er vom Immunsystem beseitigt wird. So kann sich eine Immunität gegen den Erreger ausbilden.

Die Wissenschaftler um Nano wählten für ihre Studie zunächst das Bakterium Francisella novicida, einen Krankheitserreger, der bei Nagetieren die tödlich verlaufende Hasenpest auslöst. Die Wissenschaftler ersetzten verschiedene lebenswichtige Gene des Krankheitserregers durch die entsprechenden Gene einer kälteliebenden Bakterienart. Den so erzeugten temperaturempfindlichen Erreger spritzten sie Mäusen in das im Vergleich zum Rest des Körpers kältere Schwanzende. Als die Forscher die Mäuse nach drei Tagen untersuchten, stellte sich heraus, dass sich der Erreger mit dem Kälte-Gen nicht aus den kühleren in die wärmeren Bereichen des Körpers ausgebreitet hatte, wie es bei einem unveränderten Erreger der Fall gewesen wäre.

Dennoch führte die Anwesenheit der Erreger zu einer Immunisierung der Nager. Dies wiesen die Forscher nach, indem sie mehrere Mäuse nach 21 Tagen mit dem ursprünglichen Krankheitserreger infizierten. Ergebnis: Die tödliche Krankheit brach nicht aus. Anschließend testeten die Wissenschaftler, ob die kälteliebenden Gene auch in anderen Bakterien funktionieren. Dies war für Salmonellen, Escherichia coli und Yersinia pestis, dem Erreger der Lungen- und Beulenpest, der Fall. Da die Temperatur des menschlichen Körpers an der Haut 32 bis 36 Grad Celsius beträgt, im Körperinneren mit 37 bis 40 Grad Celsius hingegen deutlich höher ist, könnten die Ergebnisse der Untersuchung an Mäusen die Grundlage für die Herstellung eines Lebendimpfstoffes für den Menschen bilden.

Francis Nano (University of Victoria, Canada) et al.: PNAS, Online Vorabveröffentlichung, doi: 10.1073/pnas.1004119107 ddp/wissenschaft.de ? David Köndgen
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