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High Noon in der Nase

Erde|Umwelt Gesundheit|Medizin

High Noon in der Nase
Bekämpfen Bakterien im Menschen einander, erleidet der Wirt meist Kollateralschäden. Ein US-Forscherteam hat in einer Studie festgestellt, warum zunächst harmlose Bakterien zu einer lebensgefährlichen Bedrohung werden: Die Mikroben stehen in einem ständigen Konkurrenzkampf um die besten Standorte zur Besiedelung des Menschen. Einige haben dabei besondere Waffen entwickelt, die unangenehme Nebenwirkungen haben. So kann etwa der Wettstreit zwischen zwei Bewohnern der Nasenschleimhaut auch schwerwiegende Infektionen beim Menschen auslösen wie eine Blutvergiftung oder Hirnhautentzündung. Bei der Bekämpfung von Infektionskrankheiten müsse deshalb künftig auch die Interaktion der Mikroben berücksichtigt werden.

Der menschliche Körper wird von einer Vielzahl von Bakterien besiedelt. Ein Großteil der Mitbewohner verhält sich relativ unauffällig und verursacht keine Schäden. Doch manchmal entwickelt ein Bakterium neue Eigenschaften, die sich als gefährlich und im schlimmsten Fall sogar als tödlich für den Wirt erweisen. Doch dieses Verhalten erscheint paradox: Das Ableben des Wirts hat gleichzeitig auch den Untergang der Mikrobe zur Folge. Warum sollte ein Bakterium seinem Wirt etwas zuleide tun wollen? Jeffrey Weiser von University of Pennsylvania in Philadelphia und seine Kollegen sind der Frage nachgegangen, aus welchem Grund sich friedliche Mikroorganismen plötzlich in kaltblütige Killer verwandeln.

In ihrer Studie untersuchten die Wissenschaftler das eigentlich harmlose Bakterium Streptococcus pneumoniae. Der Keim bewohnt die Schleimhaut der Nase und verhält sich ruhig: In vielen Ländern sind zwei von fünf Menschen Träger des Bakteriums, ohne es zu wissen. Doch wenn ein anderer Keim die Bühne betritt, kommt es zwischen den beiden zu einem Kampf um den begehrten Standort. In diesem konkreten Fall haben die Wissenschaftler Haemophilus influenzae als Gegner ausgesucht, denn dieser Krankheitserreger hat ein besonderes Ass im Ärmel: Um seinen unliebsamen Konkurrenten loszuwerden, ruft er das Immunsystem des Wirts zu Hilfe. Dieses rekrutiert eine Gruppe von Abwehrzellen, sogenannte Neutrophile, die Streptococcus pneumoniae umzingeln und angreifen. Doch auch der Hausherr verteidigt sich effektiv: Das Bakterium versteckt sich unter einer Hülle aus Zucker, die als Schutzschild gegen die Angriffe des Immunsystems dient. Doch dieser Schutzmechanismus hat einen fatalen Nebeneffekt. Mit der Hülle kann der Keim nun unbemerkt vom Immunsystem in den Blutkreislauf eindringen und schwere Erkrankungen hervorrufen wie Lungenentzündung, Meningitis oder Blutvergiftung.

Somit bewegt sich Streptococcus pneumoniae auf einem schmalen Grat. Das Bakterium investiert viel Energie in seine Rüstung, denn nur so kann es den Hilfstruppen seines Konkurrenten entkommen. Auf der anderen Seite kann der Körper seines Wirts die neue Bedrohung oft nicht bewältigen und beide könnten dafür mit dem Tod bezahlen. „Unsere Studie demonstriert an einem Beispiel das komplexe Zusammenspiel zwischen den zahlreichen Mikrobenarten, die unseren Körper bewohnen“, erklärt Weiser. „Der zunehmende Gebrauch von Antibiotika und Impfstoffen beeinflusst diese Beziehung in hohem Maße und kann ausschlaggebend dafür sein, welches Bakterium gewinnt.“ Die Wissenschaftler sind der Ansicht, dass diese Wechselbeziehungen zwischen den Mikroorganismen bei der Entwicklung von Therapien und Impfstoffen gegen Infektionskrankheiten berücksichtigt werden müssen.

Jeffrey Weiser (University of Pennsylvania, Philadelphia) et al.: Current Biology, Bd. 20,doi:10.1016/j.cub.2010.05.051 ddp/wissenschaft.de ? Gwydion Brennan
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