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Akustischer Anstoß

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Akustischer Anstoß
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Mit Ultraschall-Pulsen manipulieren Forscher der Arizona State University gezielt Nervenzellen im Gehirn. Dabei erreichen sie aber erst eine Zielgenauigkeit von zwei Millimetern. Fotomontage: ASU/Jamie Tyler
Geraten die Schaltkreise des Gehirns außer Kontrolle, drohen Krankheiten wie Parkinson oder chronische Schmerzen. Statt die Ursache mit Medikamenten oder Hirnelektroden zu bekämpfen, wollen US-Wissenschaftler nun Ultraschall zur Nervenmanipulation einsetzen: Sie haben ohne Operation bei Mäusen Neuronen direkt stimuliert und so eine Gehirnaktivität sowie die entsprechende Muskelbewegung angestoßen. Um das Gehirn nicht zu beschädigen, werden Ultraschall-Pulse mit niedriger Intensität verwendet. Das nichtinvasive Verfahren eignet sich aber nicht nur zur Manipulation von Nerven: Angeregt wurde auch die Bildung einer Substanz im Gehirn, die bei neuen Verschaltung von Nervenzellen mithilft.

Bei neurologischen Krankheiten wie Parkinson, Tinnitus oder Epilepsie werden Fehlfunktionen des Gehirns heute mit Therapien behandelt wie Elektroschock oder der Hemmung von Gehirnbereichen durch starke Magnetfelder. Neben Operationen und der Medikamentenbehandlung fassen sogar Gentherapien Fuß. Diese Ansätze werden auch bei Depressionen, chronischen Schmerzen und Psychosen angewandt. Ein weitaus schonenderes Verfahren versprechen die Wissenschaftler um Yusuf Tufail von der Arizona State University in Tempe nun durch den Einsatz von Ultraschall, der im Versuch mit Mäusen keine negativen Nebenwirkungen gezeigt hat: Die Erwärmung des durch Haut und Schädelknochen beschallten Gehirns lag unter 0,01 Grad Celsius.

Für die Studie wurden Mäuse betäubt und die Nervenzellen des Gehirnbereichs, der für die Steuerung von Bewegungen verantwortlich ist, dem akustischen Druck von Ultraschall-Pulsen ausgesetzt. Sie erreichten dabei bisher eine Zielgenauigkeit von zwei Millimetern. Getestet wurden am Motorcortex, dem Hirnareal zur Bewegungssteuerung, verschiedene Ultraschallfrequenzen ? bis plötzlich eine Labormaus unmittelbar aus der Betäubung erwachte. Die Methode wurde optimiert und in der Folge konnten die Wissenschaftler bei den bewusstlosen Mäusen durch die Beschallung des Motorcortex präzise Muskelpartien aktivieren, die für die Bewegungen von Schwanz, Vorderpfote oder der Tasthaare an der Schnauze verantwortlich sind.

“Gepulster Ultraschall stimuliert nicht nur den Motorcortex bei Mäusen, sondern ruft auch ohne Operation Bewegungsreaktionen hervor, die vergleichbar sind mit denen, die bisher nur durch implantierte Elektroden und ähnliche Technologien erzeugt werden konnten”, berichtet Tufail. Auch der Hippocampus konnte manipuliert werden, also die Sammelstelle des Gehirns für Informationen aus den sensorischen Systemen, die auch für die Überführung von Gedächtnisinhalten aus dem Kurzzeit- in das Langzeitgedächtnis zuständig ist. Außerdem regte der Ultraschall die Produktion der Substanz BDNF (Brain-derived Neurotrophic Factor) an, die an der Bildung und Verstärkung neuer Verbindungen zwischen Nervenzellen beteiligt ist.

Die Anwendung hat nach Ansicht der Studienautoren nicht nur Einsatzpotenzial bei der Manipulation gestörter Hirnregionen, sondern könnte dazu dienen, Gehirnbereiche zu modellieren: Gepulster Ultraschall stößt dabei bestimmte Aktivitätsmuster in Gehirn an, um kognitive Prozesse anzustoßen. Die Wissenschaftler weisen aber darauf hin, dass nach den Versuchen mit den Mäusen noch Vergleichsuntersuchungen mit anderen Tieren erforderlich sind, bevor die Methode an Menschen getestet werden kann.

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Yusuf Tufail (Arizona State University, Tempe) et al.: Neuron, doi: 10.1016/j.neuron.2010.05.008 ddp/wissenschaft.de ? Rochus Rademacher
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