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Selbst ausgetrickst

Erde|Umwelt

Selbst ausgetrickst
Ein US-Forscherteam hat die Achillesferse des Lebensmittelkeims Listeria monocytogenes entdeckt. Derselbe Mechanismus, der den Erreger vor Antibiotika schützt, bewirkt eine verstärkte Aktivierung des menschlichen Immunsystems: Über eine molekulare Pumpe wird nämlich nicht nur das Antibiotikum wieder aus der Bakterienzelle herausbefördert, sondern auch der Signalstoff cyclo-di-AMP. Dieser fördert jedoch die Produktion eines Hormons, das die Abwehrreaktion gegen den Erreger vermittelt. Die Erkenntnisse eröffnen neue Perspektiven für die Entwicklung von Impfstoffen gegen eine Vielzahl von Krankheitserregern. Zudem könnten sie auch bei Krebstherapien eine Rolle spielen, berichten die Wissenschaftler um Daniel Portnoy von der University of California.

Krankheitserregende Bakterien haben eine Reihe von Abwehrmechanismen entwickelt, um der Zerstörung durch Antibiotika zu entkommen. Eine weit verbreitete Strategie ist die Herstellung molekularer Pumpen, durch die das in die Bakterienzelle eingedrungene Antibiotikum wieder aus der Bakterienzelle gepumpt wird. Doch dieser Schutzmechanismus könnte den Keimen zum Verhängnis werden. Daniel Portnoy und seine Kollegen haben die molekularen Pumpen des Bakteriums Listeria monocytogenes untersucht. Der Mikroorganismus ist für die Infektionskrankheit Listeriose verantwortlich, die durch den Genuss verunreinigter Lebensmittel verursacht wird. Bei ihren Untersuchungen fanden die Forscher heraus, dass die Pumpen zusätzlich kleine Signalmoleküle ausstoßen, die die Produktion von Interferonen anregen. Diese Botenstoffe sorgen für die Aktivierung des körpereigenen Abwehrsystems, das als Antwort auf die Infektion Killerzellen an die Front schickt und eine Vielzahl anderer Verteidigungsmechanismen in Gang setzt.

Um den betreffenden Wirkstoff zu identifizieren, bedienten sich die Forscher einer mutierten Form des Listeriose-Erregers, die die molekularen Pumpen im Übermaß herstellt. Dann analysierten sie die Inhaltsstoffe der von den Mikroben abgesonderten Flüssigkeit. Von allen untersuchten Molekülen war nur eines in der Lage, das Immunsystem anzuregen. Die Wissenschaftler identifizierten es als Signalstoff cyclo-di-AMP, ein Molekül, das zwei Jahre zuvor in einem anderen Bakterium entdeckt wurde. Im nächsten Schritt wollen die Wissenschaftler herausfinden, wie genau das Immunsystem von dem Molekül angeregt wird. Nach Ansicht der Forscher könnten die Ergebnisse zu der Entwicklung von neuartigen Impfstoffen führen: „Wir können Listeria tatsächlich dazu bringen, größere Mengen des Signalmoleküls zu produzieren, wir haben bereits eine Mutante entwickelt, die dazu in der Lage ist“, erläutert Portnoy. Eine abgeschwächte oder nicht mehr pathogene Mutation des Bakteriums wäre dann als natürlicher Aktivator des Immunsystems einsetzbar.

Diese Schwäche der Mikroben könnte auch im Kampf gegen eine Reihe anderer Krankheitserreger nützlich sein: Die Verursacher von Lungenentzündung, Tuberkulose, Meningitis oder Chlamydiose besitzen ebenfalls das Gen für cyclo-di-AMP. Zudem wird der Botenstoff Interferon zurzeit auch verwendet, um die Wirksamkeit von Krebstherapien zu steigern. Eine erhöhte Interferonproduktion durch Bakterien eröffne vollkommen neue Perspektiven für die Krebsforschung, meint Portnoy. „Wir haben einen essenziellen bakteriellen Wirkstoff entdeckt, der in fünfzig Jahren Grundlagenforschung auf dem Gebiet der Bakteriologie irgendwie übersehen wurde“, schwärmt er.

Daniel Portnoy (University of California) et al.: Science, Onlineveröffentlichung, doi: 10.1126/science.1189801 ddp/wissenschaft.de ? Gwydion Brennan
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