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Hirnschmalz für Wanderschaft

Erde|Umwelt

Hirnschmalz für Wanderschaft
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Gegenüberstellung einer männlichen Wüstenheuschrecke Schistocerca gregaria als Einzelgänger (links) und als Schwarmtier sowie ihrer jeweiligen Gehirne. Als Einzelgänger ist die Heuschrecke etwas größer und hat größere Augen. Dafür besitzt das Schwarmexemplar bis zu einem Drittel mehr Gehirnvolumen. Foto: Swidbert Ott/Tom Fayle
In Schwärmen lebende Heuschrecken haben ein größeres Gehirn als ihre ungeselligeren Artgenossen. Britische Forscher haben herausgefunden, dass die Insekten die Anatomie ihres Gehirns beim Übergang vom einzelgängerischen Dasein in den Schwarm verändern: Nicht mehr benötigte Hirnregionen schrumpfen, während sich andere Areale stärker ausprägen. Die Herausforderungen eines Lebens in der Gruppe, denen die Insekten innerhalb eines Schwarms ausgesetzt sind, könnten Aufschlüsse darüber geben, weshalb manche Wirbeltiere besonders große Gehirne entwickelt haben.

Die Wüstenheuschrecke Schistocerca gregaria ist eigentlich ein ungeselliger Einzelgänger, der sogar seinen Artgenossen aktiv aus dem Weg geht. Die Insekten sind weitgehend ortsgebunden und dem beschwerlichen Leben in der Steppe angepasst. Wird ihre Nahrung aber knapp, so ändert sich ihr Verhalten dramatisch: Eine Vielzahl von ihnen wird auf immer kleiner werdenden Vegetationsflecken zusammengepfercht. Schließlich vereinigen sie sich zu Schwärmen, die aus Milliarden von Individuen bestehen und mehrere Quadratkilometer groß sind. Auf ihrem Weg fressen sie radikal ganze Landstriche kahl. 20 Prozent der Landoberfläche der Erde sind von der Plage betroffen.

Um im Chaos eines umherziehenden Heuschreckenschwarms überleben zu können, benötigen die Insekten ein größeres Gehirn als in ihrer einzelgängerischen Phase. Swidbert Ott von der University of Cambridge und seine Kollegen arbeiten mit schwarmbildenden Kolonien von Wanderheuschrecken. Für ihre Studie formten sie die Insekten wieder zu Einzelgängern um, indem sie die Tiere über drei Generationen hinweg von ihren Artgenossen isolierten. Die Gehirne der Einzelgänger waren nicht nur dreißig Prozent kleiner, sondern bestimmte Hirnregionen waren auch unterschiedlich proportioniert. Allein lebende Heuschrecken benötigen größere Kapazitäten für das Sehen und Riechen, um auch weit entfernte Reize wahrzunehmen. In den schwärmenden Insekten hingegen sind die für Lern- und Verarbeitungsprozesse zuständigen Teile des Gehirns deutlich stärker ausgeprägt.

Die Herausforderungen der Wanderungen über ganze Kontinente inmitten Milliarden anderer Heuschrecken sowie der erbarmungslose Konkurrenzkampf untereinander erfordern ein zu komplexen Aufgaben befähigtes Gehirn, schreiben die Forscher. Auch müssen die Heuschrecken oft die Genießbarkeit von neuer Nahrung einschätzen, mit der sie vorher noch nie in Kontakt gekommen sind. „Wer zuerst Futter findet, der gewinnt. Und wenn man nicht aufpasst, wird man selber zum Futter für die anderen Heuschrecken“, erklärt Ott. Aufgrund ihrer Fähigkeit, zwischen einer einzelgängerischen Phase und einer Schwarmphase zu wechseln, sind die Heuschrecken nach Ansicht der Forscher ein ideales Modell, an dem sich der Zusammenhang studieren lässt zwischen den Lebensumständen eines Tieres, seinem Verhalten und dem Aufbau seines Gehirns.

Swidbert Ott (University of Cambridge) et al.: Proceedings of the Royal Society: Biological Sciences, doi: 10.1098/rspb.2010.0694 ddp/wissenschaft.de – Gwydion Brennan
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