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Massenauftrieb für Fresszellen

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Massenauftrieb für Fresszellen
Auskristallisiertes Cholesterin ist der molekulare Auslöser der Arterienverkalkung. Ein internationales Forscherteam hat herausgefunden, dass die körpereigene Abwehr auf die Kristalle mit einer massiven Immunreaktion reagiert: Folge sind lebensgefährliche Entzündungen in den Arterienwänden, die Blutbahnen verengen und so zu Herzinfarkt, Schlaganfall oder plötzlichem Herztod führen können. Aufgefallen waren den Wissenschaftlern die vielen Abwehrzellen in den Ablagerungen, obschon keine Erreger vorhanden waren: Das kristalline Cholesterin wird von den Fresszellen aufgenommen, die wegen der schwer verdaulichen Kost über körpereigene Stoffe eine Entzündungsreaktion des Körpers einleiten.

In den entzündlichen Schwellungen in der Gefäßwand, den so genannten atherosklerotischen Plaques, finden sich neben auskristallisiertem Cholesterin große Mengen von Immunzellen, erstaunlicherweise aber weder Bakterien noch Viren. Selbst Tiere in absolut steriler Umgebung können eine Arterienverkalkung bekommen ?allerdings nur wenn ihre Nahrung viel Cholesterin enthält. Auch beim Menschen gilt dieser Zusammenhang: Nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation WHO sterben jährlich fast 17 Millionen Menschen an Erkrankungen der Blutgefäße.

Der Auslöser der Atherosklerose ist nun gefunden. ?Wir haben festgestellt, dass sich bei entsprechender Ernährung schon nach kurzer Zeit Cholesterin-Kristalle in den Arterienwänden ablagern“, berichtet Studien-Coautor Peter Düwell von der LMU München. ?Diese Kristalle werden von Fresszellen des Immunsystems aufgenommen.“ Das löst eine Kettenreaktion aus: Die Fresszellen können die Kristalle nicht verdauen und aktivieren ein Proteinkonglomerat, das so genannte Inflammasom. Dieses sorgt nun dafür, dass die Fresszelle Entzündungsmediatoren freisetzt ? und die locken noch mehr Immunzellen an. Diese Invasion destabilisiert schließlich die Gefäßwände mit lebensbedrohlichen Folgen.

?Ähnliche Prozesse laufen beim Gichtanfall in den Gelenken ab“, erläutert Studienleiter Eicke Latz von der Universität Bonn. Und wieder ist falsche Ernährung der Auslöser: Bei der Verdauung von Fleisch aus Muskelgewebe entsteht Harnsäure, die dann kristallisiert. Die Kristalle setzen dann die starke und schmerzhafte Entzündungsreaktion in Gang.

Das Forscherteam, zu dem auch Mediziner der University of Massachusetts gehören, sehen nun Ansatzpunkte für neue Medikamente: Bislang werden bei Arterienverengungen als Arzneistoffe Statine eingesetzt, die eine körpereigene Cholesterinproduktion verhindern. Allerdings hemmen Statine nicht die Aufnahme von Cholesterin mit der Nahrung. Bevor das eingeschränkt werden kann, muss für Latz noch eine Frage geklärt werden: ?Wir wissen noch nicht genau, wie die Cholesterin-Kristalle das Inflammasom aktivieren.“

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Eicke Latz (Universität Bonn) et al.: Nature, Bd. 464, Nr. 7293, S. 1357, doi: 10.1038/nature08938 ddp/wissenschaft.de ? Rochus Rademacher
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