Anzeige
1 Monat GRATIS testen, danach für nur 9,90€/Monat!
Startseite »

Drosophila lässt Muskeln spielen

Erde|Umwelt

Drosophila lässt Muskeln spielen
fliege1.jpg
Farblich gekennzeichnet die verschiedenen Muskelpartien der Drosophila melanogaster: Ein genetisches Programm ist bei der Fruchtfliege verantwortlich für die Entwicklung der verschiedenen Muskelzellen. Foto: Frank Schnorrer/Max-Planck-Institut für Biochemie
Europäische Forscher haben bei der Fruchtfliege 2.785 Gene ausfindig gemacht, die für die Muskelentwicklung und -funktion verantwortlich sind. Um das genetische Programm zu entschlüsseln, waren zudem über 25.000 Flugtests mit Drosophila melanogaster erforderlich. Bei der Analyse sind auch die Genmutationen festgestellt worden, die zu Muskeldefekten führen. Dieses Wissen dürfte künftig bei der Behandlung von Erkrankungen des Menschen nützlich sein, denn viele Muskelgene der Fruchtfliege sind auch beim Menschen vorhanden.

Ähnlich wie der Mensch besitzt die Drosophila melanogaster verschiedene Typen von Muskeln: Sie lassen etwa Fliegenlarven langsam kriechen oder die Flügel der erwachsenen Fliege blitzschnell schlagen. Um die Rolle des Erbguts bei der Ausbildung und Steuerung der Muskeln zu untersuchen, analysierten die Forscher systematisch alle 12.000 Gene der Fruchtfliege. Durch über 25.000 Flugtests fanden sie 2.785 Gene, die dabei eine maßgebliche Funktion übernehmen. ?Ein Teil dieser Gene wird in allen Muskeln gebraucht, ein anderer Teil nur in den sehr schnellen, sehr kraftvollen Flugmuskeln?, erklärt Biochemiker Schnorrer. Die Flugmuskeln der Insekten gehören zu den kräftigsten Muskeln im Tierreich: ?Sie können bis zu 100 Watt pro Kilogramm Muskelmasse erzeugen und das über einen langen Zeitraum. Davon können Bodybuilder oder Tour-de-France-Fahrer nur träumen.? Diese schaffen dauerhaft etwa 30 Watt pro Kilogramm Muskelmasse.

Identifiziert wurden unter anderem die Gene, die für die Organisation von Muskeln zuständig sind sowie für die Ausbildung der Muskelfibrillen. Diese Einheiten der Muskelzelle regeln das Zusammenziehen des Muskels. Sie bestehen aus vielen zusammengeschalteten Sarkomeren, die sich als kleinste Arbeitseinheiten der Muskulatur zur Kontraktion verkürzen. Bei der Analyse entdeckten die Forscher auch die Ursachen für Defekte wie fehlende Muskeln, verdünnte und degenerierte Muskelfibrillen oder verklumpte Sarkomere.

Viele der bei Drosophila melanogaster gefundenen Gene sind auch im Menschen vorhanden und werden wahrscheinlich ebenfalls für eine normale Muskelfunktion benötigt. Eine Veränderung dieser Gene führt häufig zu Muskelerkrankungen. So ist beispielsweise bekannt, dass Mutationen in den Laminin-Genen für eine bestimmte Form von degenerativen Muskelerkrankungen, die Muskeldystrophie, verantwortlich sind. Laminin ist ein Eiweiß, das beim Aufbau der Zellkernhülle gebraucht wird. ?Das Wissen über solche Zusammenhänge könnte in Zukunft helfen, Muskelerkrankungen früher zu erkennen und individuell zu behandeln?, hofft Schnorrer.

Der menschliche Körper besteht aus zehn bis hundert Billionen Zellen. Dabei ist nicht jede Zelle gleich: 200 verschiedene Zell- und Gewebetypen machen den menschlichen Körper aus. Während seiner Entwicklung durchläuft jeder dieser Zelltypen ein bestimmtes genetisches Programm, an dessen Ende rote Blutkörperchen Sauerstoff transportieren, Neuronen elektrische Signale weitergeben und Muskeln mechanische Kräfte erzeugen können.

Anzeige
Frank Schnorrer (Max-Planck-Institut für Biochemie, Martinsried) et al.: Nature, doi: 10.1038/nature08799 ddp/wissenschaft.de ? Rochus Rademacher
Anzeige

Wissenschaftsjournalist Tim Schröder im Gespräch mit Forscherinnen und Forschern zu Fragen, die uns bewegen:

  • Wie kann die Wissenschaft helfen, die Herausforderungen unserer Zeit zu meistern?
  • Was werden die nächsten großen Innovationen?
  • Was gibt es auf der Erde und im Universum noch zu entdecken?

Hören Sie hier die aktuelle Episode:

Aktueller Buchtipp

Sonderpublikation in Zusammenarbeit  mit der Baden-Württemberg Stiftung
Jetzt ist morgen
Wie Forscher aus dem Südwesten die digitale Zukunft gestalten

Wissenschaftslexikon

gou|tie|ren  〈[gu–] V. t.; hat; geh.〉 etwas ~ 1 kosten 2 〈fig.〉 an etwas Gefallen finden, etwas gutheißen, genießen, schätzen … mehr

Fall|schirm|sei|de  〈f. 19; unz.〉 leichtes, reißfestes Gewebe aus Seide od. Chemiefasern

Vi|bur|num  〈[vi–] n.; –s; unz.; Bot.〉 = Schneeball (2) [lat.]

» im Lexikon stöbern
Anzeige
Anzeige
Anzeige