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Mit dem Kopf gegen den Wind

Erde|Umwelt

Mit dem Kopf gegen den Wind
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Der Nachtfalter Autographa gamma reist aus dem Norden Europas im Herbst in wenigen Nächten mit seinen raffinierten Flugtechniken in seine Winterquartiere am Mittelmeer. Foto: Ian Woiwod
Viele Insekten sind raffinierte Migrationskünstler: Im Herbst wählen sie gezielt Luftströmungen aus, die sie vom Norden Europas bis in den Mittelmeerraum tragen. Das hat ein englisches Forscherteam entdeckt, als es die Reise der Insekten über Radar in ihre Winterquartiere verfolgt hat. Dabei lassen sich die Tiere aber nicht einfach vom Wind treiben, sondern steuern präzise auf ihren Bestimmungsort zu. Mit leichten Änderungen der Kopfposition korrigieren die Falter und Schmetterlinge ihre Richtung, wenn Seitenwinde sie von ihrem Ziel abbringen.

Um dem Winter in England zu entkommen, nehmen jährlich zwei Milliarden Insekten einen mehrere tausend Kilometer langen Flug auf sich und verbringen die kalte Jahreszeit in Südeuropa. Wie die Zugvögel kehren sie im Frühling wieder in den Norden zurück. Mit zwei Radargeräten, speziell für die Beobachtung von Insekten hergestellt, verfolgten die Forscher die Tiere: Falter und Schmetterlinge reisten je nach Luftströmung in einer Höhe zwischen 150 und 1.200 Metern über der Erdoberfläche und erreichten dabei Geschwindigkeiten von bis zu 100 Kilometern pro Stunde. „Einige Nachtfalter waren dabei in den Höhen unterwegs, in denen die Windgeschwindigkeiten am höchsten sind. So legten sie ihre weite Reise zwischen Winter- und Sommerrevier in nur wenigen Nächten zurück“, berichtet Jason Chapman vom Rothamsted Research Institut. Damit waren sie sogar schneller als Zugvögel.

Die Insekten ließen sich zu großen Teilen vom Wind tragen. Wenn sie aber von ihrer Route abdrifteten, stemmten die Tierchen ihren Kopf wie ein Steuer gegen den Wind und navigierten wieder in Südrichtung. Ihr Orientierungsvermögen verdanken die migrierenden Falter und Schmetterlinge einem Kompass-Sinn, der sie jederzeit wissen lässt, in welche Richtung sie sich bewegen, erklären die Forscher.

Mit einem Computermodell der atmosphärischen Luftbewegungen wurde auch die Effektivität der Navigationskunst nachgeprüft. Die Wissenschaftler pflegten die Insekten in das Modell mit ihren Eigenschaften wie Größe und Gewicht ein, allerdings als quasi unbelebte Partikel ohne Steuerfähigkeit. Das Ergebnis war verblüffend: Bei der Simulation der Flugroute entdeckten die Wissenschaftler, dass die Falter und Schmetterlinge in der Realität mehr als doppelt so weit flogen wie die simulierten „Partikel“. Sie landeten zudem auch gezielt an Orten, was belegt, dass die Insekten ihre Flugrichtung stark mitbestimmen.

Bedeutung bekommt die Erforschung der Migrationsstrategien der Insekten auch im Zusammenhang mit dem Klimawandel. In England tauchen plötzlich immer mehr neue Insektenarten auf. Darunter befinden sich auch Schädlinge für Nutzpflanzen.

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Jason Chapman (Rothamsted Research, Harpenden Hertfordshire) Science, doi: 10.1126/science.1182990 ddp/wissenschaft.de ? Regula Brassel
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