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Saure Umgebung macht Spermien munter

Erde|Umwelt

Saure Umgebung macht Spermien munter
US-Forscher haben erstmals den „Schalter? entdeckt, der Spermien aus ihrem Ruhezustand weckt und ihren Schwanz in Bewegung setzt. Damit beantworten sie die bisher ungelöste Frage, warum Spermien in den männlichen Hoden unbeweglich verharren und erst dann aktiv werden, wenn sie in die weibliche Scheide gelangen. Der Molekülschalter der männlichen Geschlechtszellen öffnet sich unter bestimmten Bedingungen, so dass positiv geladene Teilchen nach außen strömen. Dieser Prozess erhöht den pH-Wert in der Umgebung der Spermien, woraufhin sie zu schwimmen anfangen. Die Ergebnisse dürften dazu beitragen, männliche Unfruchtbarkeit zu behandeln und neue Verhütungsmethoden für den Mann zu entwickeln.

Bereits seit längerer Zeit ist bekannt, dass Spermien eine alkalische Umgebung ? also einen hohen pH-Wert ? brauchen, um in Bewegung zu kommen. In den männlichen Hoden herrscht jedoch bei einem pH-Wert von 6,0 ein saures Milieu, so dass die Spermien dort vollkommen inaktiv sind. Der pH-Wert in der Scheide liegt dagegen bei 7,4 und damit im alkalischen Bereich.

Die Forscher um Yuriy Kirichok von der University of California in San Francisco haben nun Poren auf der Oberfläche der Spermiengeiseln entdeckt, die sich in einer alkalischen Umgebung öffnen. Dadurch strömen positiv geladene Protonen nach außen, so dass die Spermien selbst alkalisch werden. ?Man kann die Spermienzellen mit Ballons vergleichen, die mit Protonen vollgepumpt sind?, erklärt Kirichok. „Durch äußere Reize öffnen sich die Poren in der Oberfläche des Ballons, die so genannten Hv1-Kanäle, so dass extrem viele Protonen ausfließen.? Dies stößt eine Kaskade biochemischer Reaktionen an, die Spermien reifen lassen, beweglich machen und sie darauf vorbereiten, eine Eizelle zu befruchten.

Mit biophysikalischen und biochemischen Methoden konnten Kirichok und sein Team erstmals zeigen, dass die Schwänze der Spermien mit sehr vielen Hv1-Kanälen bedeckt sind. Weiterhin maßen die Forscher erstmals den Protonenfluss durch die Zellmembran der Spermien und gingen den Faktoren auf den Grund, die dieses Ausströmen in Gang setzen.

Dabei konnten die Wissenschaftler einer Reihe weiterer Rätsel lösen. So wusste man bisher, dass Zink und Marihuana die Beweglichkeit der Spermien und die Fruchtbarkeit herabsetzen ? die Gründe dafür waren aber unbekannt. Die größte Konzentration an Zink beim Menschen findet sich in den männlichen Geschlechtsorganen, während in der weiblichen Scheide wesentlich weniger Zink vorhanden ist. Die neuen Ergebnisse zeigen nun, dass Zink die Hv1-Kanäle hemmt und damit in den Hoden zur Ruhigstellung der Spermien beiträgt. In der Vagina bleibt dieser Effekt dagegen aus.

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Zu Marihuana lieferte die Forschung bisher widersprüchliche Ergebnisse: Einerseits wird es mit männlicher Unfruchtbarkeit in Verbindung gebracht, andererseits ließ sich bei Marihuana-Konsum eine vermehrte Spermienaktivität beobachten. Allerdings findet sich auch in den männlichen und weiblichen Geschlechtsorganen eine Cannabis-ähnliche Substanz, das Anandamid. Dabei handelt es sich um ein so genanntes Endocannabinoid, das vom Körper selbst produziert wird und an die gleichen Rezeptoren wie Marihuana andockt. Anandamid scheint in besonders hoher Konzentration in der Nähe der weiblichen Eizelle vorzukommen ? und es öffnet ebenfalls die Hv1-Kanäle. „Dies eröffnet eine interessante Möglichkeit. Marihuana könnte die Funktion des Anandamid nachahmen und die Spermien vorzeitig aktivieren ? also zum Zeitpunkt zu dem sie sich noch in den Hoden befinden?, berichtet Kirichok. Da Spermien nur ein paar Stunden lang aktiv sind, würde Marihuana somit zu ihrem vorzeitigen Absterben führen.

„All diese Prozesse sind für die Befruchtung einer Eizelle von großer Bedeutung?, erklärt Kirichok. „Da wir nun das Molekül kennen, dass für diese Prozesse verantwortlich ist, könnte man es durch bestimmte Wirkstoffe sowohl hemmen als auch aktivieren.? Auf diese Weise entstehen einerseits neue Verhütungsmethoden für den Mann, anderseits könnten wenig aktive Spermien den nötigen Schwung bekommen, damit sie die Eizelle erreichen.

Yuriy Kirichok (University of California, San Francisco) et al.: Cell, doi: 10.1016/j.cell.2009.12.053 ddp/wissenschaft.de ? Christine Amrhein
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