Avargues-Weber und ihre Kollegen wollten nun genauer wissen, wie weit die Gesichtserkennungsfähigkeiten der Honigsammler tatsächlich reichen, und entwarfen einige Experimente. Dabei wurden Bienen, wiederum mit Hilfe von Zuckerwasser, darauf trainiert, verschiedene Bilder wiederzuerkennen. Zum Teil handelte es sich um reine Strichzeichnungen von Augen, Mund und Nase, zum Teil aber auch um Fotos von echten Gesichtern. Das Fazit der Forscher: Die Bienen können sich nicht nur individuelle Punktmuster merken, sie erkennen auch Gemeinsamkeiten zwischen den Mustern und können dieses Prinzip auf neue Bilder übertragen. Dazu erfassen sie offensichtlich die Gesamtkonfiguration, also die absoluten Positionen der Merkmale sowie ihre Anordnung zueinander.
Für Bienen sind komplexe Muster also mehr als die Summe der Teile, schließen die Forscher. Das zeigt sich auch daran, dass ein Gesicht beim Fehlen eines Teils zwar noch erkannt wird, die Trefferquote jedoch deutlich niedriger liegt. Das System ist so allgemein angelegt, dass die Tiere eben auch menschliche Gesichter von anderen Dingen unterscheiden können, obwohl sie diese Fähigkeit in ihrem natürlichen Lebensraum nur in den seltensten Fällen benötigen. Anscheinend ist eine so starke Spezialisierung des Gehirns wie bei Mensch und Affe also nicht unbedingt nötig, man kommt auch mit weniger aufwendigen Gehirnen zum gleichen Ergebnis, so die Forscher. Für die Bienen hat das Prinzip noch einen anderen Vorteil: Ihre Aungen habe eine relativ schlechte Auflösung, daher ist es sinnvoll, sich auf die auch von weitem erkennbare prinzipielle Konfiguration eines Musters zu verlassen und nicht auf die schlechter sichtbaren Details.