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Voller Bauch denkt langfristig

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Voller Bauch denkt langfristig
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Wer sich satt gegessen hat, trifft langfristigere Entscheidungen.
Wer eine wichtige Entscheidung treffen muss, sollte sich vorher satt essen: Schwankungen im Blutzuckerspiegel beeinflussen nämlich, wie die unterschiedlichen möglichen Folgen einer Entscheidung bewertet werden, haben zwei US-Psychologen jetzt gezeigt. Ist der Blutzuckerspiegel hoch, tendieren Menschen dazu, für die Zukunft zu planen und Optionen zu bevorzugen, die ihnen später einmal zugute kommen. Ist der Blutzuckerspiegel dagegen eher niedrig, richtet sich der Blick auf das Hier und Jetzt, und die Entscheidungen fallen häufiger zugunsten sofortiger Belohnungen aus ? selbst wenn diese objektiv betrachtet einen geringeren Wert haben als die zukünftige Option. Ziel dieser Verhaltensanpassung ist vermutlich, immer eine optimale Energieversorgung für den Körper zu gewährleisten.

Die beiden Psychologen teilten 65 Freiwillige in zwei Gruppen auf und bestimmten bei allen den Blutzuckerspiegel. Danach sollten die Teilnehmer angeben, ob sie es vorzögen, gleich am nächsten Tag eine eher kleine Geldsumme zu erhalten, oder ob sie lieber später eine größere Summe bekommen würden. In allen Fällen gab es die Option, tatsächlich eine der Summen zu dem ausgewählten Zeitpunkt zu gewinnen. Anschließend bekam eine Gruppe zuckerhaltige Zitronenlimonade, während die andere die zuckerfreie Variante des gleichen Getränks konsumierte. Nach zehn Minuten wiederholten die Forscher sowohl Blutzuckertest als auch Befragung.

Zwischen den beiden Gruppen gab es einen deutlichen Unterschied, zeigte die Auswertung: Das zuckerhaltige Getränk erhöhte nicht nur den Blutzuckerspiegel von Gruppe eins, es ließ die Angehörigen auch häufiger die zukünftige Auszahlung wählen als vor dem Konsum. Das Getränk mit Süßstoff hatte genau den entgegengesetzten Effekt: Dessen Konsumenten entschieden sich häufiger für den Sofortgewinn. Dafür gibt es verschiedene Erklärungen, schreiben die Forscher. So ist beispielsweise das Erfassen und Verarbeiten von zukünftigen Ereignissen komplexer und damit energieaufwändiger als die Reaktion auf unmittelbare Geschehnisse. In Zeiten von Energiemangel, also bei niedrigem Blutzuckerspiegel, rückt der Gedanke an die Zukunft daher vermutlich in den Hintergrund, während aktuelle Ereignisse bevorzugt verarbeitet werden.

Alternativ könnte auch das Ausmaß der Risikobereitschaft der entscheidende Faktor sein: Sie wird abhängig vom Versorgungszustand des Körpers jeweils so gewählt, dass die tägliche Energieversorgung optimiert wird. Wer also ausreichend Ressourcen zur Verfügung hat, kann es sich eher leisten, auch einmal auf die unsichere Zukunft zu setzen als jemand, der eine Ressourcenknappheit fürchten muss. Die Forscher fordern, in jedem Fall sollte der Einfluss des Körpers auf das Verhalten nicht weiter ignoriert werden. Es könne ja beispielsweise sein, dass eine strikte Kontrolle des Blutzuckerspiegels manchen Menschen hilft, zu impulsives Verhalten zu vermeiden und damit Süchte oder Zwangsstörungen in den Griff zu bekommen.

Xiao-Tian Wang, Robert Dvorak (University of South Dakota, Vermillion) et al.: Psychological Science, doi: 10.1177/0956797609358096 ddp/wissenschaft.de – Ilka Lehnen-Beyel
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