Auf diese Attacken reagiert die Tabakpflanze: Stimuliert durch Stoffe im Speichelsekret der Tomatenschwärmer-Raupe, öffnen sich Blüten von raupenbefallenen Pflanzen nicht mehr am Abend, sondern erst am Morgen. Außerdem beobachteten Baldwin und sein Team, dass die attackierten Tabakpflanzen deutlich weniger falteranziehende Duftstoffe mehr aussandten und auch die Zuckerkonzentration des Nektars reduziert war. Dies hat zur Folge, dass die Tomatenschwärmer die begehrten Blüten buchstäblich übersehen, schreiben die Forscher. Anstelle der Nachtfalter haben die Pflanzen einen neuen Bestäubungspartner gefunden: Einen in der Region beheimateten Kolibri, der sich damit begnügt, lediglich den Nektar zu trinken.
In Feldexperimenten untersuchten die Forscher, wie Falter sowie Kolibris die Pflanze bestäuben und wie der Tabak sein Entwicklungsprogramm zu Gunsten der Kolibris umstellt. Um herauszufinden wie die Pflanze die Raupen erkennt, verletzten die Wissenschaftler eines ihrer Blätter und bestrichen es mit Speichelsekret der Tomatenschwärmer-Raupe. Die Pflanze regierte wie nach einem direkten Insektenangriff: Nach ungefähr drei Tagen produzierte die Pflanze mehr Blüten, die sich am Morgen öffnen, als nicht-attackierte Pflanzen.
Weshalb sich die Tabakpflanze die Mühe macht Blüten zu produzieren, die den gefräßigen Tomatenschwärmer anziehen, ist noch ungeklärt. Viel einfacher wäre es doch, direkt die Kolibris zu ködern, geben die Forscher zu bedenken. Es könne aber sein, dass die Nachtfalter, trotz ihrer Fehler die zuverlässigeren und effektiveren Bestäuber seien als die Vögel.