Eine Art Boxen-Stopp außerhalb des Körpers könnte verletzte Lungen in Zukunft fit für eine anschließende Transplantation machen. Die Idee: Das Organ würde dem Spender entnommen, eventuelle Schäden repariert und die Lunge dann dem Empfänger eingesetzt. Ein erster Schritt in Richtung dieser Vision ist Forschern jetzt gelungen: Sie haben nicht nur eine Kammer entwickelt, in der entnommene Lungen bei Körpertemperatur voll funktionsfähig erhalten werden können. Sie konnten die Funktion der Organe auch messbar verbessern, indem sie ihnen eine Gentherapie verabreichten. Auf diese Weise könnte die Verfügbarkeit von hochwertigen Spenderlungen nahezu verdoppelt werden, glauben die Forscher. Aktuell müssen über 80 Prozent der infrage kommenden Organe verworfen werden, weil sie durch intensivmedizinische Eingriffe oder eine heftige Entzündungsreaktion zu stark geschädigt sind.
Zuerst suchten die Wissenschaftler nach einer Möglichkeit, die geplante Gentherapie außerhalb des Körpers verabreichen zu können. Die herkömmliche Lagerungsmethode eignet sich dafür nicht: Dabei werden entnommene Organe von der Blutzufuhr abgeschnitten und auf Eis gelagert ? ein Verfahren, das den Stoffwechsel nahezu zum Stillstand bringt und damit auch verhindert, dass eingeschleuste Gene aktiviert werden. Die Forscher entschieden sich schließlich für eine kleine Glaskammer. Darin herrschten 37 Grad, und die Lungen wurden mit einer Art Kunstblut durchflutet, um die Durchblutung und den Atemvorgang nachzuahmen. Sowohl Schweine- als auch Menschenlungen, die aufgrund von starken Gewebeschäden nicht für einen Transplantation genutzt werden konnten, ließen sich so unbeschadet aufbewahren, zeigte eine Analyse.
Im zweiten Schritt verabreichten die Wissenschaftler den Organen über die Bronchien ein gentechnisch verändertes Erkältungsvirus, das zusätzlich mit einem Steuergen des Immunsystems ausgestattet war. Dieses Gen namens IL-10 unterdrückt Entzündungsreaktionen und beruhigt auch insgesamt das Immunsystem. Die Strategie erwies sich als sehr erfolgreich: Die behandelten Schweinelungen schwollen sehr viel weniger stark an als die unbehandelten, ihre Durchblutung nach der Transplantation war messbar besser und auch der Gasaustausch war weniger beeinträchtigt. Auch der Zustand und die Funktion der menschlichen Lungen in der Kammer verbesserten sich deutlich.
Da Entzündungsreaktionen, beispielsweise infolge einer künstlichen Beatmung, die häufigste Ursache für den schlechten Zustand von Spenderlungen sind, halten die Forscher ihren Ansatz für sehr vielversprechend. Damit könne nicht nur die Anzahl der für eine Transplantation geeigneten Organe erhöht, sondern auch insgesamt die Qualität der Spenderlungen verbessert werden, schreiben sie. Allerdings müsse dazu erst einmal nachgewiesen werden, dass die behandelten Organe im menschlichen Körper tatsächlich besser funktionieren.
Marcelo Cypel (Universität Toronto) et al.: Science Translational Medicine, Bd. 1, Artikel 4ra9 ddp/wissenschaft.de ? Ilka Lehnen-Beyel