Die Fledermausgruppen, sogenannte Harems, bestanden aus je einem Männchen und ein bis vier Weibchen mit ihren Jungen. Die Forscher zeichneten nun die Rufe der Männchen und der Jungtiere auf und verglichen sie miteinander. Sie stellten Überraschendes fest: Anfangs ähnelten die Laute der Jungtiere eher einem zusammenhanglosem Brabbeln. Nach und nach kristallisierten sich jedoch einzelne Sequenzen heraus, die mit denen des Männchens des jeweiligen Harems übereinstimmten. Die Jungtiere übten diese Sequenzen immer wieder, bis sie schließlich die komplizierten vielsilbigen Rufe der Männchen perfekt imitieren konnten.
Da die Harmesvorsteher nicht immer die Väter aller Jungtiere eines Harems sind ? die Weibchen werden gelegentlich auch von fremden Männchen begattet ? wollten Mirjam Knörnschild und ihr Team ausschließen, dass verwandtschaftliche Beziehungen Einfluss auf das Nachahmungsverhalten der Jungtiere haben. Zur Überprüfung kontrollierten die Forscher den Abstand, den die jungen Fledermäuse beim Fliegen zu anderen Männchen und dem eigenen Haremsvorsteher hielten: Die Jungtiere bemühten sich immer, möglichst nah am Männchen der eignen Gruppe, auch wenn dieses nicht der leibliche Vater war. Auch eine allmähliche Reifung des Stimmapparats hätte prinzipiell die Fortschritte in der Lautgebung erklären können. Dann jedoch hätte es für die Jungen genügt, sich am Kanon der Gruppe zu orientieren, anstatt eine spezielle Ruffolge einzuhalten.
Erstaunlicherweise übten auch junge Fledermausweibchen das Imitieren, obwohl später nur die Männchen rufen. Vermutlich spielen die Rufe später auch bei der Partnerwahl eine Rolle, folgern die Forscher.