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Autodidaktische Marktschreier

Erde|Umwelt

Autodidaktische Marktschreier
Erst brabbeln sie nur vor sich hin, später sind selbst komplizierte Lautfolgen kein Problem mehr: Junge Fledermäuse lernen das “Sprechen”, indem sie sich ein bestimmtes Männchen als akustisches Vorbild suchen, haben deutsche Wissenschaftler herausgefunden. Die Jungtiere üben die Rufe, die der Markierung des Reviers dienen, so lange, bis die nachgeahmte Lautfolge mit denen ihres Vorbilds übereinstimmt. Nach Angaben von Mirjam Knörnschild von der Universität Erlangen-Nürnberg und ihrem Team bestätigt die Studie damit eine von vielen Wissenschaftlern gehegte Vermutung.

Das Nachahmen neuer, unbekannter Laute gilt als wesentliches Merkmal der Sprachentwicklung. In der Tierwelt ist dieses Verhalten bislang jedoch nur von Vögeln, Walen, Seelöwen und Elefanten bekannt, bei Fledermäusen wurde es nur vermutet. Die deutschen Forscher gingen nun dieser Theorie nach, indem sie über einen Zeitraum von zwei Jahren Gruppen der Sackflügel-Fledermaus (Saccopteryx bilineata, auch Zweistreifen-Fledermaus) in deren Tagesquartieren in der Biologischen Forschungsstation La Selva in Costa Rica beobachteten.

Die Fledermausgruppen, sogenannte Harems, bestanden aus je einem Männchen und ein bis vier Weibchen mit ihren Jungen. Die Forscher zeichneten nun die Rufe der Männchen und der Jungtiere auf und verglichen sie miteinander. Sie stellten Überraschendes fest: Anfangs ähnelten die Laute der Jungtiere eher einem zusammenhanglosem Brabbeln. Nach und nach kristallisierten sich jedoch einzelne Sequenzen heraus, die mit denen des Männchens des jeweiligen Harems übereinstimmten. Die Jungtiere übten diese Sequenzen immer wieder, bis sie schließlich die komplizierten vielsilbigen Rufe der Männchen perfekt imitieren konnten.

Da die Harmesvorsteher nicht immer die Väter aller Jungtiere eines Harems sind ? die Weibchen werden gelegentlich auch von fremden Männchen begattet ? wollten Mirjam Knörnschild und ihr Team ausschließen, dass verwandtschaftliche Beziehungen Einfluss auf das Nachahmungsverhalten der Jungtiere haben. Zur Überprüfung kontrollierten die Forscher den Abstand, den die jungen Fledermäuse beim Fliegen zu anderen Männchen und dem eigenen Haremsvorsteher hielten: Die Jungtiere bemühten sich immer, möglichst nah am Männchen der eignen Gruppe, auch wenn dieses nicht der leibliche Vater war. Auch eine allmähliche Reifung des Stimmapparats hätte prinzipiell die Fortschritte in der Lautgebung erklären können. Dann jedoch hätte es für die Jungen genügt, sich am Kanon der Gruppe zu orientieren, anstatt eine spezielle Ruffolge einzuhalten.

Erstaunlicherweise übten auch junge Fledermausweibchen das Imitieren, obwohl später nur die Männchen rufen. Vermutlich spielen die Rufe später auch bei der Partnerwahl eine Rolle, folgern die Forscher.

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Mirjam Knörnschild (Universität Erlangen-Nürnberg) et al: Biology Letters der Royal Society (doi:10.1098/rsbl.2009.0685). ddp/wissenschaft.de – Mascha Schacht
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Wissenschaftsjournalist Tim Schröder im Gespräch mit Forscherinnen und Forschern zu Fragen, die uns bewegen:

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