Trotz dieser Abstammung von nur zwei genetischen Stämmen zerfällt die heutige indische Gesellschaft in viele Kleingruppen. Sie sind offenbar nicht nur kulturell und geografisch voneinander isoliert, sondern auch genetisch. Das führen die Forscher auf den sogenannten Gründereffekt zurück. Demnach entsteht bei der Gründung einer neuen Population durch wenige Individuen eine Gruppe mit einer erheblich verringerten genetischen Vielfalt. Wenn sich die neugegründeten Populationen zudem nicht wieder vermischen, entwickeln sie sich genetisch aufgrund des unterschiedlichen Ausgangsmaterials in verschiedene Richtungen weiter. Genau das ist in Indien seit seiner Besiedlung vor rund 60.000 Jahren passiert.
Einerseits könne man also schon durch das Erbgut von wenigen Mitgliedern die genetischen Vorfahren einer Gruppe identifizieren, ziehen die Forscher einen ersten Schluss aus ihrer Studie. Andererseits sei es schwierig, einen Überblick über die genetische Vielfalt der gesamten indischen Bevölkerung zu geben. Außerdem vermuten die Wissenschaftler, dass in Indien viele Erbkrankheiten verbreitet sind, denn der Gründereffekt kann ähnliche Auswirkungen haben wie Inzucht. Dabei wird das Erbgut einzelner Familien oder Gruppen bei der Fortpflanzung nicht vermischt, was zu einer Häufung von Krankheitsgenen führt. Die Forscher konnten zudem bestätigen, dass sich die einzelnen Kasten aus alten Volksstämmen entwickelt haben und nicht in jedem Stamm ein eigenes Kastensystem existierte.