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Klebrige Gehilfen

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Klebrige Gehilfen
Der hocheffiziente Leim, mit dem sich Bakterien an Oberflächen festkleben, könnte zur Herstellung von neuen Knochenimplantaten dienen. Forscher fanden heraus, dass der von den Mikroorganismen produzierte Kleber den Stoff Hydroxylapatit enthält, dessen Haftfähigkeit sie durch Erhitzen und Trocknen erheblich steigern konnten. Hydroxylapatit wird schon lange für Implantate verwendet. Der Bakterienkleber ist aber stabiler und langlebiger als die synthetisch hergestellte Substanz. Die Einzeller erreichen zudem auch kleinste Spalten und Ritzen in Oberflächen und können diese mit Leim auffüllen, was mit bisherigen Techniken nicht möglich ist.

Hydroxylapatit ist härter als Stahl und in Knochen und Zähnen enthalten. Das Mineral ist die Grundsubstanz des Zahnschmelzes, dem härtesten bekannten Gewebe des menschlichen Körpers. Mediziner verwenden den Stoff zum Auffüllen von Knochendefekten. Bisher benutzten sie dazu Hydroxylapatit in Sprayform. Die britische Forscherin Lynne Macaskie von der Universität in Birmingham und ihr Team haben nun Bakterien untersucht, die sich mit einem Biofilm, der das Mineral enthält, an Oberflächen heften. Die Forscher erhitzten die Oberflächen, welche die Bakterien zuvor überwuchert hatten. Dabei starben die Einzeller und zurück blieb der getrocknete Biofilm aus dem begehrten Hydroxylapatit. „Wie bei einer Pfanne mit angebrannter Milch ließen die Bakterien nur ihren Leim auf der Oberfläche zurück und waren selbst nicht mehr da“, erklärt Macaskie.

Durch das Trocknen erhöhte sich die Haftfähigkeit des Leims sogar noch. Er klebte 20-mal besser als von den Bakterien frisch produzierter Biofilm. Die Bakterien der Gattung Serratia könnten also schon bald Mediziner dabei unterstützen, beschädigte Knochen zusammenzuflicken oder Implantate herzustellen. Die Mikroorganismen sind geradezu prädestiniert für diese Aufgabe, da sie auch kleinste Zwischenräume erreichen können um dort ihren Biofilm zu deponieren. Aufgespraytes Hydroxylapatit bedeckt nur Bereiche, die auch sichtbar sind, mikroskopische Hohlräume können damit hingegen nicht aufgefüllt werden. Das Aufrauen von Oberflächen kann die Haftfähigkeit des Bioleims nochmals weiter erhöhen, weil so zusätzlich Platz für die Bakterien entsteht, fanden die Forscher heraus.

Die auf den Bakterien basierende Technik müsse noch weiter verbessert werden, könnte dann aber als effizientes Verfahren in der Biomedizin und -technologie eingesetzt werden, erklärt Macaskie. Die Serratia-Bakterien bilden nicht nur den Superleim, sondern auch einen roten Farbstoff, der den Kolonien eine entsprechende Farbe verleiht. Sie sind auch verantwortlich für die sogenannten Blutwunder. Dies sind Flecken auf Heiligtümern wie Tüchern oder Hostien, die oft als Blutspuren interpretiert werden. Die Bakterien wurden erstmals im 19. Jahrhundert in Italien auf verdorbener Polenta entdeckt.

Lynne Macaskie ( Universität in Birmingham): Vortrag auf dem Treffen der Gesellschaft für Allgemeine Mikrobiologie in Edinburgh. ddp/wissenschaft.de – Martina Bisculm
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