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Wenn junge Sterne ihre Kinder fressen…

Astronomie|Physik

Wenn junge Sterne ihre Kinder fressen…
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Protoplanetare "Embryos" bilden sich in der Scheibe dank gravitativer Fragmentation. Die drei kleinen Bilder zeigen das sukzessive Verschlucken der Klumpen durch den Stern. (Copyright: Eduard Vorobyov, Universität Wien)
Astronomisch gefräßig: In ihrer Sturm-und-Drang Phase neigen Sterne zum Kannibalismus, dokumentieren Beobachtungen im Sternbild Orion. Ein internationales Astronomenteam konnte damit nun theoretische Modelle bestätigen, die erklären, warum junge Sterne manchmal vorübergehend stark aufleuchten. Dieser Effekt entsteht demnach, wenn die Sterne dichte Klumpen verschlingen, die sich in ihrer umgebenden Gasscheibe zusammengeballt haben.

Wie Sterne entstehen, gehört zu den wichtigsten Forschungsgebieten der Astrophysik. Es ist bekannt, dass sie aus gigantischen Materie-Wolken hervorgehen, die sich durch ihre eigene Gravitationskraft immer mehr komprimieren. Bevor ein Stern Energie durch Kernfusion abgibt, saugt er dabei mehr und mehr Substanz von außen an und heizt sich auf. Das Gas fällt allerdings nicht direkt auf ihn, sondern bildet eine rotierende Scheibe rund um den wachsenden Zentralstern. In einer frühen Phase der Sternentstehung sind die Scheiben um diese Protosterne noch höchst asymmetrisch und chaotisch aufgebaut: Sie weisen Spiralmuster, Arme und Materieansammlungen auf. Diese Materiansammlungen können aus der Scheibe herausgeschleudert werden oder sich in der Scheibe etablieren. Es handelt sich um protoplanetare „Embryos“ – aus ihnen können sich im späteren Verlauf der Entwicklung eines Sternsystems Begleiter um den Stern bilden – Planeten oder sogar weitere Sterne.

Scharfer Blick auf einen Jungen Stern des Orion

Gerade während dieser chaotischen Scheibenphase zeigen junge Sterne extreme Helligskeitszunahmen um einen Faktor von bis zu 1000 innerhalb eines Jahres. Die Ursache für diese Veränderungen sind noch nicht vollständig verstanden. Eduard Vorobyov von der Universität Wien hat bereits vor zehn Jahren gemeinsam mit Shantanu Basu von der University of Western Ontario einen möglichen Prozess aufgezeigt, der diese Helligkeitsanstiege beschreiben könnte. Demnach kommt es zu den Helligkeitsausbrüchen, wenn sich in der Gasscheibe Verdichtungen gebildet haben, die der Stern anschließend aufnimmt, wobei er an Strahlkraft zunimmt. Diesen Prozess konnten die Forscher nun an einem konkreten Beispiel bestätigen: In ihrem Blick stand der junge Stern FU Orionis im Sternbild Orion. Eines der größten Teleskope der Welt kam dabei zum Einsatz – das 8 m Subaru-Teleskop auf dem Gipfel des Vulkans Mauna Kea auf Hawaii. Es ermöglichte, die komplexen Scheiben-Strukturen zu erfassen: die Spiralmuster, Arme und Materieströme.

Kannibalismus mit astronomischem Ausmaß

Vorobyov beschreibt den Prozess der Entstehung von Klumpen in der zirkumstellaren Scheibe sowie deren anschließendes Ende als Mahlzeit des Muttersterns als Kannibalismus mit astronomischem Ausmaß: „Es sind Klumpen, die zu gigantischen Planeten wie Jupiter werden könnten, aber vom Mutterstern aufgesaugt werden“, so der Astrophysiker: „Dies weckt eine interessante Analogie zur griechischen Mythologie, in welcher Chronos, der die erste Generation an Titanen anführte, seine neugeborenen Kinder verschlang. Bei den aktuellen Ergebnissen handelt es sich um einen großen Schritt zum Verständnis, wie sich Sterne und Planeten bilden und entwickeln“, so Vorobyov.

Ihm zufolge betrifft dies auch unsere eigene kosmische Heimat: „Können wir beweisen, dass ein Großteil der Sterne solche Helligkeitsausbrüche aufgrund von Gravitationsinstabilitäten in der Scheibe vollführen, dann folgt, dass dies auch unsere eigene Sonne im Kindesalter erlebt haben dürfte. Die großen Planeten unseres Sonnensystems könnten glückliche Überlebende der turbulenten Vergangenheit unserer Sonne sein“, erklärt der Astrophysiker abschließend.

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Quellen:

© wissenschaft.de – Martin Vieweg
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