Bereits seit längerem vermuten Forscher, dass die Grippe-Viren neben den typischen Symptomen einer Influenza auch langfristige Auswirkungen auf den Organismus haben können. So existieren seit dem Mittelalter Überlieferungen, wonach Grippepatienten neuronale Symptome wie Zittern, Koordinationsstörungen oder verlangsamte Bewegungsabläufe zeigen. Viele entsprechende Berichte finden sich auch über die Pandemie der spanischen Grippe von 1918. Nun infizierten Jang und seine Kollegen Mäuse systematisch mit einem verwandten Virus ? dem Vogelgrippe-Erreger H5N1. Sie beobachteten die Ausbreitung der Viren im Nervensystem sowie die Langzeitwirkungen der Krankheit.
Die Viren breiten sich via Verdauungssystem und Rückenmark über den Hirnsstamm im gesamten Zentralnervensystem aus. Sie gelangen also auch ins Gehirn, wo sie offenbar schwerwiegende Schäden anrichten können. Die Forscher fanden typische Anzeichen für Krankheiten wie Alzheimer und Parkinson im Nervensystem der infizierten Mäuse: abnormale und verklumpte Proteine. Außerdem war das Immunsystem noch lange, nachdem die eigentliche Grippe schon abgeklungen war, aktiv, was zu chronischen Entzündungen führte. Auch dies ist typisch für die beiden Gehirnerkrankungen. Die Forscher stellten nach diesem Befund eine Hypothese auf, wonach Alzheimer und Parkinson durch ein von ihnen „Fahrerflucht-Mechanismus“ genanntes Prinzip entstehen: Die Viren befallen einen Organismus und lösen eine Krankheit aus, die sich erst bemerkbar macht, wenn die Infektion selbst schon lange abgeklungen ist. Viren könnten daher ein wichtiger, bisher übersehener Risikofaktor für das Entstehen von neurodegenerativen Krankheiten wie Parkinson und Alzheimer sein, so das Fazit der Forscher.