Der Vermutung liegt allerdings die Annahme zugrunde, dass sich die Haut wie ein Feststoff verhält, bei dem die Reibung vor allem von der Kraft abhängt, mit der sie gegen eine Oberfläche drückt. Warman und Ennos argwöhnten jedoch, dass Haut in Bezug auf die Reibungseigenschaften eher Gummi ähnelt, bei dem die Größe der Reibung vor allem von der Kontaktfläche abhängt. Um das zu testen, pressten sie ihre Finger mit unterschiedlichem Druck und in unterschiedlichen Winkel auf eine Acrylglasplatte und maßen die Reibung. Eindeutiges Ergebnis: Je größer die Kontaktfläche, desto größer auch die Reibung zwischen Plättchen und Finger. Da eine gerippte Fingerspitze aber etwa ein Drittel weniger Kontaktfläche bietet als eine glatte, kann der Fingerabdruck unmöglich zur Verstärkung der Reibung dienen, so die Schlussfolgerung der Forscher.
Doch warum gibt es dann die Furchen überhaupt? Dazu haben die Forscher mehrere Theorien. So erhöhen die Rillen möglicherweise die Kontaktfläche zwischen einer rauen Oberfläche und der Haut, weil sie in Vertiefungen der Oberfläche hineinragen. Oder sie erleichtern das Greifen von feuchten Gegenständen, indem sie das Wasser abfließen lassen, ähnlich wie das Profil eines Reifens Aquaplaning verhindert. Alternativ könnten die Linien aber auch vermeiden, dass die Fingerspitze an einem Gegenstand festklebt: Wäre die Haut glatt, könnte sich die weiche Spitze so eng an eine Oberfläche anschmiegen, dass man sie nur noch sehr schwer wieder abziehen kann. Ebenfalls möglich wäre es, dass die Rillen von Scherkräfte auffangen und so helfen, eine Blasenbildung mit Ablösung der oberen Hautschicht von den darunterliegenden zu vermeiden.