Vor zwei Jahren entdeckten Wissenschaftler eine ringförmige Bruchstelle im Roi Baudouin-Schelfeis in der Ost-Antarktis. Die erste Vermutung der Forscher: Es handelt sich um den Einschlagskrater eines Hunderte Tonnen schweren Meteoriten. Anfang 2016 brach dann ein Team der Universität Utrecht auf, um den Krater in den Augenschein zu nehmen. Sie kamen dabei zu überraschenden Erkenntnissen: Zusammen mit den Glaziologen Olaf Eisen und Veit Helm vom Alfred-Wegener-Institut konnte das Forscherteam nachweisen, dass es in der Ost-Antarktis deutlich größere Mengen an Schmelzwasser gibt als bislang angenommen. Sie entdeckten zahlreiche Seen auf und im Eis und viele bisher nicht bekannte Schmelzwasser-Flüsse. Die ostantarktischen Eisschelfe könnten somit anfälliger für Klimaveränderungen sein als bislang angenommen.
Und der Einschlagskrater? Der Verdacht erwies sich als falsch. Es handelt sich um eine sogenannte Eisdoline. „Sie entsteht, wenn sich Schmelzwasser im Inneren oder nahe der Oberfläche eines Gletschers ansammelt, an seiner Oberseite wieder friert, das Wasser darunter aber nach unten abfließt. Dann entsteht im Gletscher ein Hohlraum, dessen Decke irgendwann einstürzt. In Grönland und auf Schelfeisen an der Antarktischen Halbinsel werden solche Trichterbildungen bereits seit den 1930er-Jahren beobachtet“, sagt Olaf Eisen. Die Ergebnisse der Studie wurden jetzt in der Online-Ausgabe des Fachmagazins „Nature Climate Change“ veröffentlicht.
Foto: AWI/Sanne Bosteels