Anzeige
1 Monat GRATIS testen, danach für nur 9,90€/Monat!
Startseite »

Wandern im Schneckentempo

Astronomie|Physik

Wandern im Schneckentempo
marsdunes_mgs.jpg
Sanddünen im Proctor-Krater, wo die Sonde Mariner 9 1976 erstmals Marsdünen entdeckte. Dieses Bild stammt vom Mars Globals Surveyor aus dem Jahr 2001. (c) Malin Space Science Systems, MGS, JPL, NASA
Die beeindruckenden Sanddünen auf dem Planeten Mars werden durch starke Winde während der seltenen Staubstürme geformt. Anders als es viele Planetenforscher bislang vermuteten, reichen die dabei herrschenden Windgeschwindigkeiten aus, um Sandkörner zu transportieren, berichten Eric Parteli und Hans Herrmann – allerdings nur sehr langsam.

Die Forscher entwickelten ein Computermodell um herauszufinden, ob die allgegenwärtigen Mars-Dünen unter Atmosphären-Bedingungen entstehen können, wie sie heute auf dem Mars herrschen, oder ob sie sich während der Frühgeschichte des roten Planeten formten, als die Atmosphäre noch dichter war. Die Dichte der Mars-Lufthülle beträgt nur ein Hundertstel der Dichte der Erdatmosphäre, außerdem ist die Schwerkraft des Mars nur ein Drittel so stark wie die der Erde.

Dem Modell zufolge werden die Sandkörner ab einer bestimmten Windgeschwindigkeit weggeweht und bewegen sich dann auf ballistischen Bahnen. Wenn sie wieder herunterfallen, treffen sie auf andere Körnchen, die daraufhin in die Luft geschleudert werden und ebenfalls vom Wind mitgerissen werden. Allerdings werden die nötigen Geschwindigkeiten nur alle paar Jahre erreicht, wenn ein besonders heftiger Staubsturm auftritt, und dann auch nur für wenige Sekunden. Parteli und Herrmann errechneten, dass eine Düne unter solchen Bedingungen 4.000 Jahre brauchen würde, um einen Meter weiter zu wandern. Es sei also nicht verwunderlich, dass die Mars-Sonden während der vergangenen Jahrzehnte keine sichtbaren Veränderungen an den Sandhaufen feststellen konnten.

Die Form der Marsdünen ist zum Teil sichelförmig, was auf gleichmäßig aus einer Richtung wehende Winde schließen lässt. Andere haben eine tropfenförmige Gestalt – eine Form, die auf der Erde unbekannt ist. Dem Modell der beiden Physiker zufolge können solche Dünen entstehen, wenn der Wind regelmäßig die Richtung um etwa hundert Grad wechselt. Parteli und Herrmann errechneten, dass der Wind jeweils mehrere Tage lang konstant aus einer Richtung wehen müsse, um die beobachteten Formen zu erzeugen. Umgerechnet auf die tatsächlichen Zeiträume, die der Marswind stark genug weht, würde dies einer Periode von 10.000 bis 50.000 Jahren entsprechen.

Interessanterweise wird das Marsklima ebenfalls von einem Rhythmus gesteuert, der ungefähr 50.000 Jahre dauert. Die um 25 Grad geneigte Drehachse des Mars bewegt sich alle 51.000 Jahre einmal im Kreis. Dadurch verändert sich die Lage der beiden Halbkugeln zum Zeitpunkt der nächsten Annäherung des Planeten an die Sonne, dem sogenannten Perihel. Zurzeit brennt die Sonne während dieses Zeitpunkts senkrecht auf den 15. Breitengrad im Süden, was auf der Südhemisphäre zu kurzen, „heißen“ Sommern und häufigen Staubstürmen führt. In 25.000 Jahren wird dagegen die Nordhalbkugel während des Perihels stärker von der Sonne beschienen. Durch diesen Zyklus ändern sich Klimamodellen zufolge auch die vorherrschenden Windrichtungen ? genauso, wie es Parteli und Herrmanns Modell erfordert.

Anzeige
Eric Parteli (Universität Stuttgart) und Hans Herrmann (Universidade Federal do Ceara, Brasilien): Physical Review E, Oktober 2007 Ute Kehse
Anzeige

Wissenschaftsjournalist Tim Schröder im Gespräch mit Forscherinnen und Forschern zu Fragen, die uns bewegen:

  • Wie kann die Wissenschaft helfen, die Herausforderungen unserer Zeit zu meistern?
  • Was werden die nächsten großen Innovationen?
  • Was gibt es auf der Erde und im Universum noch zu entdecken?

Hören Sie hier die aktuelle Episode:

Aktueller Buchtipp

Sonderpublikation in Zusammenarbeit  mit der Baden-Württemberg Stiftung
Jetzt ist morgen
Wie Forscher aus dem Südwesten die digitale Zukunft gestalten

Wissenschaftslexikon

Xe|ro|ko|pie  〈f. 19; Tech.〉 durch Xerographie hergestellte Kopie

phy|sio|lo|gisch  〈Adj.〉 die Physiologie betreffend, zu ihr gehörend, auf ihr beruhend ● ~e Chemie = Biochemie … mehr

Ap|ti|tude  〈[æptıtju:d] f.; –; unz.; Psych.〉 (anlagebedingte) Lern– u. Leistungsfähigkeit [engl.]

» im Lexikon stöbern
Anzeige
Anzeige
Anzeige