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Tigerstreifen mit aufreibenden Bewegungen

Astronomie|Physik

Tigerstreifen mit aufreibenden Bewegungen
Der kleine Saturnmond Enceladus spuckt riesige Eisfontänen ins All, weil sich kilometerdicke Eisschollen an seinem Südpol aneinander vorbeischieben und dabei Reibungswärme produzieren. Das schließen amerikanische Wissenschaftler aus den Ergebnissen einer Simulation der Bedingungen auf dem winzigen Satelliten. Die durch die Reibung freiwerdende Energie lässt einen Teil des Eises gasförmig werden, so dass es in Form der spektakulären Fontänen bis zu fünfhundert Kilometer in die Höhe schießt. Angestoßen wird die Bewegung der Eisschollen durch die Gravitation des Saturns, die den kleinen Mond während seiner Kreise um den Planeten gewissermaßen durchknetet.

Seitdem die Raumsonde Cassini bei einem Vorbeiflug vor etwa zwei Jahren den nur fünfhundert Kilometer messenden Enceladus genauer fotografierte, fasziniert besonders die Südpolregion des eisbedeckten Mondes die Astronomen. Dort gibt es eine Reihe von nahezu parallel angeordneten, etwa 130 Kilometer langen Spalten ? scherzhaft „Tigerstreifen“ genannt ?, die ein paar Grad wärmer sind als ihre Umgebung. Genau diese Strukturen sind auch die Quelle der gewaltigen Fontänen aus Wasserdampf, Gasen und Eiskristallen, die unter anderem einige der Saturnringe mit Nachschub versorgen. Wodurch sich der kleine Mond jedoch so stark aufheizt, dass diese Eisgeysire entstehen, blieb bislang unklar.

Schon länger vermuten Astronomen hinter dem Phänomen die Gezeitenkräfte des Saturns. Da Enceladus den Planeten auf einer stark verzerrten Umlaufbahn umkreist, wirkt die Gravitation des Saturns unterschiedlich stark auf den kleinen Mond ein, je nachdem, wie nahe er dem Planeten gerade ist. Dadurch wird er „gequetscht und gedehnt“, wie es Studienleiter Francis Nimmo formuliert. Genau diese Verzerrung bewegt auch die Ränder der Eisspalten, so dass sie bis zu einem halben Meter vor und zurück gleiten, haben die Forscher nun berechnet. Die dabei entstehende Reibungswärme reicht aus, um einerseits die Temperatur zu erhöhen und andererseits das Eis zu verdampfen ? vorausgesetzt, der Eisschild hat eine Dicke von mindestens fünf Kilometern. Allerdings entweicht nicht das gesamte gasförmige Wasser in den Fontänen, zeigt das Modell: Etwa neunzig Prozent kondensieren wieder, bevor sie die Oberfläche erreichen und als Fontäne nach oben schießen.

Die Wissenschaftler vermuten zudem, dass es zwischen Eisschicht und festem Kern flüssiges Wasser gibt, auf dem das Eis hin- und hergleiten kann. Im Gegensatz zu früheren Erklärungsansätzen wie vulkanischer Aktivität oder radioaktiven Vorgängen im Inneren des Mondes erkläre das Reibungsmodell alle bisher offenen Fragen, schreiben die Wissenschaftler. Auf den nächsten Cassini-Aufnahmen wollen sie nun überprüfen, ob die von ihnen berechneten Temperaturen auch tatsächlich auf dem Mond zu finden sind.

Francis Nimmo (Universität von Kalifornien, Santa Cruz) et al.: Nature, Bd. 447, S. 289 ddp/wissenschaft.de ? Ilka Lehnen-Beyel
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