Astronomen haben eine neue Möglichkeit gefunden, das Alter von Sternen zu bestimmen: Sie beobachten, wie schnell sie sich um sich selbst drehen. Da diese Geschwindigkeit über die Lebenszeit eines Sterns in charakteristischer Weise abnimmt, wenn er durch seine Strahlung an Masse verliert, kann sie mit dem Alter und der Farbe des Sterns in Verbindung gebracht werden. Da es bei diesem Verfahren im Gegensatz zu anderen nicht nötig ist, die meist nur ungenau bestimmbare Entfernung des Sterns zu berücksichtigen, können die Forscher das Sternenalter auf 15 Prozent genau bestimmen. Das Verfahren eignet sich insbesondere für Einzelsterne, die nicht in Gruppenverbänden auftreten.
Bislang gelingt die Altersbestimmung von Sternen überwiegend aus der Gesamtbetrachtung einer Sternengruppe oder eines Sternenhaufens: Sie schließen aus der Größenverteilung und den Sternenfarben auf das Alter des Haufens und damit auch der einzelnen Sterne. Bei Sternen, deren Gruppenverband wie bei unserer Sonne nicht erkennbar ist oder sich bereits aufgelöst hat, greift diese Methode jedoch nicht. Der Astronom Sydney Barnes hat daher basierend auf den Daten der Sonne, die ein Alter von rund 4,6 Milliarden Jahren hat und sich in etwa 26 Tagen um sich selbst dreht, ein Modell erstellt, um Altersbestimmungen von den Rotationsdaten ableiten zu können.
In das Modell gehen die drei Größen Alter, Rotation und Farbe des Sterns ein. Sind zwei Eigenschaften bekannt, lässt sich die dritte berechnen. Die Farbe bestimmen die Forscher aus dem Sternenlicht, die Rotation lässt sich aus charakteristischen Merkmalen im Lichtspektrum ablesen. Auch rhythmische Schwankungen der Strahlungsintensität helfen, die Rotationsperiode zu bestimmen: Besitzt der Stern ähnliche Flecken wie die Sonne mit ihren Sonnenflecken, nimmt die Strahlung leicht ab, wenn diese sich in die Beobachtungsrichtung drehen. Die Genauigkeit der Altersbestimmung von Einzelsternen liegt nach Angaben der Forscher bei rund 15 Prozent ? eine deutlich Verbesserung zu den bisherigen Werten, die 50 bis 100 Prozent betragen können, so die Forscher. Sie schränken allerdings ein, dass ihr Verfahren nur für sonnenähnliche Sterne und nicht für ganz junge gilt.
Mit der Raumsonde Kepler, die die amerikanische Weltraumbehörde Nasa Ende 2008 für die Suche nach Exoplaneten in den Weltraum befördern will, wollen die Forscher das Alter von vielen Sternen neu bestimmen. Kepler soll 100.000 Sterne beobachten und anhand von Helligkeitsschwankungen Planeten entdecken, sobald diese in der Sichtlinie des Teleskops über den Stern ziehen. Über Schwankungen der Helligkeit durch Sonnenflecken ließe sich aber auch auf die Eigendrehung des Sterns und damit sein Alter schließen.
Sydney Barnes (Lowell-Observatorium, Flagstaff): Astrophysics, Online-Vorabveröffentlichung ddp/wissenschaft.de ? Martin Schäfer