Zwei Galaxien, die zwei Jahrzehnte lang für kosmische Nachbarn gehalten wurden, liegen in Wirklichkeit mehr als hundert Millionen Lichtjahre voneinander entfernt. Die nähere der beiden ist daher keine ausgewachsene Spiralgalaxie, wie bislang angenommen, sondern eine Zwerggalaxie. Das fanden Ivo Saviane und Helmut Jerjen mithilfe des Teleskops der Europäischen Südsternwarte in La Silla (Chile) heraus.
Den beiden Forschern kam die Galaxie NGC 5011C seltsam vor: Der Literatur zufolge sollte sie ein Mitglied des Centaurus Clusters sein, einer etwa 160 Millionen Lichtjahre entfernten Gruppe von Galaxien. Ihre geringe Helligkeit sprach dafür, dass es sich um eine Zwerggalaxie handelte, doch ihre Größe passte eher zu einer jungen Spiralgalaxie. Zudem schien es keinen gegenseitigen Einfluss zwischen NGC 5011C und ihrer Nachbarin NGC 5011B zu geben, obwohl die beiden anscheinend nur 45.000 Lichtjahre trennten.
Die Forscher bestimmten daher die Rotverschiebung beider Galaxien mit dem La-Silla-Teleskop. Sie stellten fest, dass NGC 5011C wesentlich näher an der Erde liegt als bislang angenommen, und zwar in der Nachbarschaft der Riesengalaxie Centaurus A, die lediglich 13 Millionen Lichtjahre von der Erde entfernt ist. NGC 5011C ist demnach tatsächlich eine Zwerggalaxie, die nur etwa einen Bruchteil der Masse der Milchstraße enthält. Die Untersuchung ergab außerdem, dass sich auch die Zusammensetzung der beiden vermeintlichen Nachbarn stark unterscheidet: NGC 5011B enthält deutlich mehr schwere chemische Elemente enthält als NGC 5011C.
Ivo Saviane (Europäische Südsternwarte) und Helmut Jerjen (Mount Stromlo Observatorium, Australien): Astronomy and Astrophysics, Bd. 133, S. 1892 Ute Kehse