Mayer und seinen Kollegen gelang dies nun mithilfe von Simulationsrechnungen auf zwei Supercomputern. Ihrem Modell zufolge waren die Schattengalaxien vor zehn Milliarden Jahren noch ganz gewöhnliche kleine Galaxien. Irgendwann gerieten sie allerdings in den Bann einer größeren Galaxie wie der Milchstraße oder des Andromeda-Nebels. Das Weltall war damals noch erfüllt von ultravioletter Strahlung, durch die das Gas der Zwerggalaxien aufgeheizt wurde und leichter zu entfernen war. Als sie begannen, auf einer elliptischen Bahn um die Milchstraße zu kreisen, wurde das Gas durch eine Art Windwiderstand abgebremst und aus der Zwerggalaxie herausgerissen. Die Gezeitenkräfte der Milchstraße saugten auch die Sterne aus ihrer ursprünglichen Heimat heraus.
Übrig blieb nur die dunkle Materie, auf die der Winddruck nicht wirkte. Zwergsphäroide bestehen typischerweise aus vielleicht einer Million Sterne, während etwa die Milchstraße um die 200 Milliarden Sonnen enthält. “Diese Ergebnisse sind sehr aufregend”, sagt Co-Autor Stelios Kazantzidis von der Stanford University. “Bislang hat noch niemand postuliert, dass eine Kombination dieser drei physikalischen Effekte für die Entstehung der Zwergsphäroide verantwortlich sein könnte.” In den letzten Jahren hatten sich Forscher bei ihren Modellen zur Entstehung von Galaxien vor allem auf das Verhalten der rätselhaften dunklen Materie konzentriert. “Unsere Arbeit zeigt nun, dass man diesen Prozess nicht verstehen kann, wenn man nicht auch die gewöhnliche Materie im Detail berücksichtigt”, sagt Lucio Mayer, “selbst in einem Universum, das von dunkler Materie dominiert wird.”