Merkurs spezifisches Gewicht ist allerdings deutlich größer als das des Mars ? ein Zeichen dafür, dass der Planet zu einem großen Teil aus Eisen besteht. Sollte Merkur also einen teilweise flüssigen Kern mit einem ähnlichen Dynamo wie die Erde besitzen, müsste dieser eigentlich ein 30-mal stärkeres Feld erzeugen als tatsächlich beobachtet.
Christensen präsentiert nun in der Zeitschrift Nature eine Lösung für das Rätsel. Demnach befindet sich im Zentrum des kleinen Planeten ein relativ kleiner, fester innerer Kern. Dieser wird langsam größer, wobei vor allem Eisen aus dem flüssigen äußeren Kern kristallisiert und Schwefel zurückbleibt. Durch diesen Prozess wird Energie frei, die turbulente Bewegungen im unteren Teil des flüssigen Kern hervorruft. Die äußeren Schichten des flüssigen Merkur-Kerns sind dagegen stabil geschichtet, schreibt Christensen. Daher arbeitet der Dynamo nur im unteren Teil des Kerns. Das Feld, das von ihm erzeugt wird, ist verhältnismäßig stark, aber wesentlich unregelmäßiger als das Erdmagnetfeld, das im Wesentlichen dem Feld eines Stabmagneten ähnelt.
Allerdings ist auf der Oberfläche des Merkurs davon nur wenig zu sehen. Die elektrisch leitfähigen oberen Schichten des flüssigen Kerns dämpfen das Feld insgesamt stark ab und lassen nur langwellige Anteile durch, vor allem den stabmagnetförmigen Dipol-Anteil und den so genannten Quadrupol-Anteil. Wie die Form des Magnetfeldes an der Oberfläche des Planeten tatsächlich aussieht, ist bislang nicht genau bekannt. Vom Vorbeiflug der Raumsonde Mariner 10 im Jahr 1974 weiß man lediglich, dass der Dipol-Anteil relativ stark ist und parallel zur Rotationsachse liegt. Christensens Modell sagt voraus, dass Dipol und Quadrupol etwa gleich stark sind.
Die Vorhersagen des Forschers können bald getestet werden: 2011 trifft die Nasa-Sonde Messenger am Merkur ein, die Esa-Sonde Bepi-Colombo folgt voraussichtlich 2016. Beide haben Instrumente an Bord, mit denen sie das Magnetfeld und den inneren Aufbau des Merkurs messen können. Sollte der innere Kern mehr als 1.000 Kilometer im Durchmesser groß sein, sei sein Modell widerlegt, schreibt Christensen.