Über die Identität der Dunklen Materie gibt es bisher nur Spekulationen. Aus der Analyse von Schwankungen innerhalb der kosmischen Hintergrundstrahlung ? dem “Nachglimmen” des Urknalls ? weiß man aber, dass die uns umgebende gewöhnliche Materie, deren Atome aus Protonen und Neutronen bestehen, nur etwa fünf Prozent des Materie-Energiegehalts des Universums ausmacht.
Von diesen fünf Prozent stecken wiederum nur höchstens ein Zehntel in Galaxien und Galaxienhaufen. Mit Spektralanalysen wurden weitere vier Zehntel als Gas zwischen den Galaxien entdeckt. Aber es fehlte immer noch etwa die Hälfte der gewöhnlichen Materie.
Modellrechnungen hatten vorausgesagt, dass drei bis vier Zehntel der gewöhnlichen Materie als etwa eine Million Grad Celsius heißes Gas ebenfalls zwischen den Galaxien existiert. Dieses Gas ist bei optischen Wellenlängen so gut wie unsichtbar, absorbiert aber bestimmte Wellenlängen aus ultraviolettem und aus Röntgenlicht.
Um diese Voraussage zu überprüfen, musste das Universum also “nur” noch mit starkem UV- und Röntgenlicht durchleuchtet werden, um das Gas entdecken zu können. Glücklicherweise lieferte die Natur den Wissenschaftlern um Nicastro die dazu notwendige starke “Röntgenlampe” in Form der variablen aktiven Galaxie Markarian 421 frei Haus.
Die Astronomen “erwischten” Markarian 421 während einer ungewöhnlich hellen Strahlungsphase. Am 26. und 27. Oktober 2002 und am 1. und 2. Juli 2003 beobachteten die Forscher die Galaxie mit dem Nasa-Röntgenteleskop Chandra. Dabei fanden sie tatsächlich die vom Modell vorhergesagten Absorptionslinien von hoch ionisiertem Sauerstoff und Stickstoff.
Eine Hochrechnung von Nicastro und seinen Kollegen ergibt, dass das durchstrahlte intergalaktische Gas drei bis fünf Zehntel der gewöhnlichen Materie ausmachen könnte und damit die bisher fehlende gewöhnliche Materie so gut wie vollständig erklären würde. Allerdings ? so räumen die Forscher ein ? haben sie dabei angenommen, dass die von ihnen beobachtete Region des Universums typisch für das ganze Universum ist.