Der Nasa-Satellit WMAP misst diese Strahlungsschwankungen seit etwa zwei Jahren in bisher nicht erreichter Präzision. Die Daten von WMAP hat das französische Forscherteam jetzt untersucht.
Zu jeder wellenförmigen Schwankung in der Hintergrundstrahlung sollte es genau wie bei einer akustischen Welle Obertöne geben. Beispielsweise schwingt eine Klaviersaite nicht nur in ihrer ganzen Länge, sondern sie bringt auch Töne hervor, die der Hälfte ihrer Länge, einem Drittel ihrer Länge und so weiter entsprechen. Die relative Gewichtung dieser Obertöne zueinander ist charakteristisch für jede Saite. Deshalb kann man aus dem Frequenzspektrum der Obertöne Rückschlüsse auf die physikalische Beschaffenheit der Klaviersaiten ziehen.
Nach dem gleichen Verfahren haben die Franzosen aus dem Spektrum der Obertöne in der kosmischen Hintergrundstrahlung Rückschlüsse auf das Universum gezogen. Die auffälligste Eigenschaft des Frequenzspektrums ist, dass ab einer bestimmten Größe die langen Wellen fehlen. In einem unendlich großen Universum ? wie es vom derzeitigen Standardmodell der Kosmologie favorisiert wird ? dürfte es solch eine Beschränkung für lange Wellen aber nicht geben.
Eine Glocke kann zwar keinen tiefen Ton hervorbringen, dessen Wellenlänge größer ist als sie selbst. Aber ein unendlich großes Universum sollte jede Wellenlänge hervorbringen. Manche Kosmologen halten es allerdings für möglich, dass es bisher unentdeckte physikalische Gesetze gibt, die dies verhindern.
Doch Luminet und seine Kollegen gehen den direkten Weg. Sie nehmen das Frequenzspektrum so wie es ist und berechnen, welche Form ein Universum haben muss, das solch ein Spektrum hervorbringt. Ihr Ergebnis ist das vierdimensionale Pendant zu Platons Dodekaeder, der so genannte Poincare-Dodekaeder-Raum.
Statt einer aus zwölf Fünfecken bestehenden „Fußballoberfläche“ hat man es hier mit einer aus 120 Dodekaedern bestehenden dreidimensionalen Hyperfläche zu tun. Diese dreidimensionale Hyperfläche ist unser Universum. Sie bildet die dreidimensionale Oberfläche eines vierdimensionalen Fußballs und ist somit geschlossen. Demnach wäre das Universum nicht unendlich groß, sondern hätte eine begrenzte Größe.
Die Franzosen machen einige präzise Vorhersagen über Muster, die man in der Hintergrundstrahlung finden sollte, wenn ihre Theorie richtig ist. Luminet und Kollegen erwarten, dass spätestens der ESA-Satellit Planck, dessen Start für Januar 2007 geplant ist, die Entscheidung bringen wird: „Seit der Antike haben die Menschen sich gefragt, ob das Universum endlich oder unendlich groß ist. Nach mehr als zwei Jahrtausenden könnten Beobachtungsdaten die endgültige Antwort liefern.“