Sarid stellte fest, dass sich die Verwerfungen nicht an den Stellen befanden, wo die Theorie es vorhersagte. Daraus schlossen sie und ihr Betreuer, der Planetenforscher Richard Greenberg, dass sich die Kruste relativ zu den Polen bewegt haben muss. Teile der Eiskruste, die vor einigen Millionen Jahren am Pol entstanden sind, liegen jetzt etwa auf dem 60. Breitengrad.
Eine solche Polwanderung hatten die Forscher Gregory Ojakangas und David Stevenson schon 1989 vorhergesagt. Ihrer Theorie zufolge erwärmt sich der Äquator von Europa durch die Gezeitenreibung stärker als die Pole, so dass die Kruste dort dicker ist. Die Zentrifugalkraft treibe diese dicke Kruste jedoch äquatorwärts, glaubten die Forscher.
Bei ihrer Studie identifizierte Sarid auch Zonen, in denen die Eiskruste verschwindet. Bislang waren nur Gegenden bekannt, in denen die Eiskruste auseinanderdriftet, ähnlich wie auf der Erde an den mittelozeanischen Rücken. Es war klar, dass das Eis sich an manchen Stellen auch aufeinander zu bewegt, aber solche Stellen konnten bislang nicht identifiziert werden.
Sarid gelang es, das Rätsel zu lösen, indem sie den Weg der Krustenstücke entlang der Störungen rückwärts in der Zeit verfolgte. Auf diese Weise fand sie zwei Stellen, an denen die Eiskruste im Innern von Europa verschwindet. „Diese Stellen sind nur schwer zu erkennen“, berichtete Sarid. Sie unterscheiden sich von Kompressionsmerkmalen auf anderen Himmelskörpern, so dass sie bisher übersehen wurden. „Mit seiner dünnen Eiskruste über einem globalen Ozean ist Europa einzigartig“, betonte Sarid. Richard Greenberg ergänzte: „Dieses Ergebnis bestätigt zum ersten Mal, dass sich die Kruste relativ zu den Polen der Rotation bewegt.“