Anzeige
1 Monat GRATIS testen, danach für nur 9,90€/Monat!
Startseite »

„Die Allgemeine Relativitätstheorie wurde wieder einmal mit Bravour bestätigt!“

Astronomie|Physik

„Die Allgemeine Relativitätstheorie wurde wieder einmal mit Bravour bestätigt!“
16-06-15 Buonanno.jpg
Alessandra Buonanno ist Direktorin am Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik in Potsdam-Golm. Von ihr stammen grundlegende Analysen zu den Gravitationswellensignalen kollidierender Schwarzer Löcher. (Foto: S. Döring/MPG)
Zum zweiten Mal hat der LIGO-Detektor Gravitationswellen entdeckt: Am 26. Dezember 2015 kollidierten in rund 1,4 Milliarden Lichtjahre Entfernung zwei Schwarze Löcher miteinander und verschmolzen. Sie hatten eine Masse von etwa dem 14- und 8-Fachen der Sonne. Dabei wurde die Energie von einer Sonnenmasse freigesetzt. bdw-Astronomie-Redakteur Rüdiger Vaas interviewte dazu Alessandra Buonanno, Direktorin am Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik in Potsdam-Golm.

wissenschaft.de: Herzlichen Glückwunsch zur neuen Entdeckung! Gibt es auch ein elektromagnetisches Gegenstück zum Gravitationswellensignal am Himmel? Wurden beispielsweise zusätzlich Röntgen- oder Gammastrahlen gemessen?
Alessandra Buonanno: Die Lokalisation am Himmel ist nicht sehr genau. Es wurden Beobachtungen im elektromagnetischen Bereich gemacht, aber die Chance, dabei etwas zu sehen, war nicht groß.

Mit welcher Präzision und in welcher Hinsicht wurde die Allgemeine Relativitätstheorie durch das neue Signal GW151226 aufs Neue getestet?
Das Signal lief eine Sekunde lang durch das Frequenzband der LIGO-Detektoren, und wir maßen 55 Zyklen der Gravitationswellen – im vorigen Signal GW150914 waren es nur zehn Zyklen. Die Daten erlauben es, genauer nach möglichen Verletzungen der Allgemeinen Relativitätstheorie zu suchen. Wir fanden allerdings keine Abweichungen. Die Allgemeine Relativitätstheorie wurde wieder einmal mit Bravour bestätigt!

Inwiefern ist der Test anders als vorher?
Wir führten dieselben Tests aus wie zuvor bei GW150914. Doch weil das neue Signal länger anhielt, können wir jetzt genauere Grenzen angeben.

Gibt es bessere Daten zu einer möglichen Graviton-Masse? LIGOs erste Messung konnte ja bereits eine Obergrenze für diese spekulativen Schwerkraft-Übertragungsteilchen angeben: lediglich 10 -22 Elektronenvolt dividiert durch das Quadrat der Lichtgeschwindigkeit – was die bisherigen Grenzwerte durch Messungen im Sonnensystem signifikant übertrifft.
Wir haben auch hier dieselbe Analyse wie bei GW150914 gemacht, aber keine besseren Grenzwerte gefunden.

Anzeige

Wie empfindlich sind LIGOs Filter und Algorithmen? Könnten Signale übersehen werden, die von Gravitationswellen stammen, wenn diese sich nicht gemäß der Allgemeinen Relativitätstheorie verhielten – könnte es sozusagen „blinde theoretische Flecken“ geben?
Wir erwarten nicht, dass ein Signal sich stark von den Voraussagen der Relativitätstheorie unterscheidet – im Hinblick auf das, was wir zurzeit wissen von möglichen Verletzungen der Allgemeinen Relativitätstheorie im Regime starker Gravitationsfelder, das wir anhand der Kollisionen Schwarzer Löcher testen können. Wäre eine andere Gravitationstheorie richtig, würden wir das Signal also nicht verpassen. Außerdem benutzen wir nicht nur die „matched-filter“-Analyse. Wir analysieren die Daten zusätzlich modellunabhängig, suchen also auch ohne Filter. Diese Suchstrategie erlaubt es uns, nach Unbekanntem zu fahnden.

Die Datenanalyse basiert ja wesentlich auf Ihren Arbeiten zur Simulation der Wellen. Inwiefern werden die Simulationen beziehungsweise das theoretische Verständnis der Vorgänge nun umgekehrt durch die Messungen verbessert? Oder ist das noch eine „Einbahnstraße“ von der Theorie zum Experiment?
Im Augenblick, also im Hinblick auf die ersten beiden Entdeckungen, ist es noch eine Einbahnstraße. Aber ich freue mich auf die Zeit, wenn wir etwas Neues über die Theorie durch die Messungen lernen. Das kann geschehen, wenn wir Abweichungen von der Allgemeinen Relativitätstheorie fänden oder wenn wir Gravitationswellen von Doppelsternsystemen aus Neutronensternen entdecken. Wir wissen nicht genau, aus was der Kern eines Neutronensterns besteht, wo die Dichte extrem hoch ist. Es gibt verschiedene Modelle, und LIGO wird uns verraten, was die Wahrheit ist!

Möchten Sie noch etwas betonen, das in den Medien zu wenig Beachtung findet?
Ich hoffe, die Menschen nehmen wahr, wie spektakulär es ist, was wir mit LIGO beobachten. Und dass sie mit mir darin übereinstimmen: Mithilfe der Gesetze der fundamentalen Physik und Gravitation etwas über unser Universum zu lernen, das ist etwas, das wir in unserem Leben nicht versäumen sollten!

Herzlichen Dank für das Interview.

Die Fragen stellte Rüdiger Vaas.

© wissenschaft.de – Rüdiger Vaas
Anzeige

Wissenschaftsjournalist Tim Schröder im Gespräch mit Forscherinnen und Forschern zu Fragen, die uns bewegen:

  • Wie kann die Wissenschaft helfen, die Herausforderungen unserer Zeit zu meistern?
  • Was werden die nächsten großen Innovationen?
  • Was gibt es auf der Erde und im Universum noch zu entdecken?

Hören Sie hier die aktuelle Episode:

Aktueller Buchtipp

Sonderpublikation in Zusammenarbeit  mit der Baden-Württemberg Stiftung
Jetzt ist morgen
Wie Forscher aus dem Südwesten die digitale Zukunft gestalten

Wissenschaftslexikon

Zwil|lings|for|schung  〈f. 20; unz.〉 Untersuchung der biolog. u. psych. Merkmale von Zwillingen

Sphink|ter  〈m.; –s, –te|re; Anat.〉 Ringmuskel, Schließmuskel [<grch. sphinkter; … mehr

♦ Elek|tro|mo|tor  〈m. 23〉 umlaufende Maschine, die elektr. Energie in mechan. Energie umwandelt

♦ Die Buchstabenfolge elek|tr… kann in Fremdwörtern auch elekt|r… getrennt werden.
» im Lexikon stöbern
Anzeige
Anzeige
Anzeige