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Überraschung im Orionnebel

Astronomie|Physik

Überraschung im Orionnebel
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Dieses beeindruckende Bild der Sternentstehungsregion im Orionnebel gelang aus mehreren Aufnahmen mit der HAWK-I-Infrarotkamera am Very Large Telescope der ESO in Chile. (Foto: ESO/H. Drass et al.)
Er ist einer der unumstrittenen Stars am Himmel: der Orionnebel. Von kaum einem Motiv gibt es so viele spektakuläre Aufnahmen wie von dieser Sternenwiege – und doch entdecken Astronomen in ihr immer noch Überraschungen. Eine neue Aufnahme des Very Large Telescope der ESO in Chile enthüllt nun, dass im Zentrum dieses Sternennebels zehnmal so viele Braune Zwerge und Objekte planetarer Masse existieren als bisher angenommen. Das wirft ein neues Licht auf die Prozesse, die die Sternbildung prägen.

Der berühmte Orionnebel erstreckt sich im Sternbild Orion über etwa 24 Lichtjahre und ist von der Erde aus mit dem bloßen Auge als verschwommener Fleck im Schwert des Orion sichtbar. In Sternennebeln wie diesem wird das interstellare Gas durch die energiereiche ultraviolette Strahlung der vielen heißen, jungen Sterne ionisiert, die darin geboren werden. Dadurch leuchtet der Nebel hell und bietet in Teleskopaufnahmen einen spektakulären Anblick. Weil der Orionnebel mit rund 1350 Lichtjahren Entfernung noch relativ nah an der Erde liegt, eignet er sich hervorragend für nähere Beobachtungen. Sie helfen dabei sowohl die Prozesse und die Geschichte der Sternentstehung in solchen Umgebungen besser zu verstehen, als auch die Anzahl der Sterne zu bestimmen, die sich mit unterschiedlichen Massen bilden. Dieses Massenverhältnis, auch als sogenannte Ursprüngliche Massenfunktion bezeichnet, liefert wichtige Einblicke in die Ursprünge einer Sternenpopulation. Sie gibt unter anderem Aufschluss darüber, welche Prozesse die Größe eines entstehenden Sterns stärker beeinflussen: die im Sternennebel vorhandene Massendichte oder die Wechselwirkungen, die in diesem Nebel herrschen.

Zweiter „Buckel“ in der Massenverteilung

Jetzt ist es einem internationalen Team von Astronomen um Holger Drass von der Ruhr-Universität Bochum gelungen, einen so genauen Blick wie nie zuvor in das Zentrum dieser berühmtesten Sternenwiege zu werfen, dem Orionnebel. Die bislang tiefste und flächendeckendste Aufnahme seines Zentrums gelang ihnen mit dem HAWK-I-Infrarotinstrument am Very Large Telescope (VLT) der ESO in Chile. Das Ergebnis ist nicht nur ein Bild von beeindruckender Schönheit, sondern auch eine echte Überraschung. Denn die Aufnahme enthüllte, dass es im Orionnebel eine unerwartet große Zahl an Objekten mit niedriger Masse gibt. Die Forscher fanden zehnmal so viele lichtschwache Braune Zwerge und isolierte Objekte planetarer Masse als bisher angenommen. Die meisten bisher bekannten Objekte im Sternennebel umfassten etwa ein Viertel der Sonnenmasse. „Die Entdeckung von 757 potenziellen Braunen Zwergen und 158 planetenähnlichen Objekten deutet auf einen hohen Anteil von rund 50 Prozent substellaren Objekten hin – das sind rund zehnfach mehr als zuvor geschätzt“, sagen Drass und seine Kollegen. Die bisher angenommene Massenverteilung für diese Sternenwiege zeigt dadurch nun einen zweiten „Buckel“ bei 0,025 Sonnenmassen, wie die Astronomen berichten.

Diese Entdeckung wirft auch ein neues Licht auf die Prozesse, die den Verlauf der Sternbildung und die Masse der entstehenden Himmelskörper beeinflussen. Denn wie die Forscher erklären, passt die bimodale Kurve der Massenverteilung nicht zu der im Sternennebel vorhandenen Massendichte. „Das widerspricht den deterministischen Theorien, die einen direkten Zusammenhang zwischen beiden sehen“, konstatieren Drass und seine Kollegen. Stattdessen ließe sich der im Orionnebel entdeckte „Überschuss“ von massearmen Objekten möglicherweise dadurch erklären, dass die Braunen Zwerge und planetaren Objekte einst im Orbit um Protosterne oder in zirkumstellaren Scheiben entstanden, dann aber durch Störeinflüsse von dort herausgeschleudert wurden. „Wir verstehen jetzt, dass die Art und Weise, wie diese Objekte mit geringer Masse entstehen, von ihrer Umgebung abhängt“, erklärt Amelia Bayo von der Universität von Valparaíso in Chile und dem Max-Planck-Institut für Astronomie in Heidelberg.

Quelle:

© wissenschaft.de – Nadja Podbregar
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