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Frühe Galaxien mit „Superhalos“

Astronomie|Physik

Frühe Galaxien mit „Superhalos“
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So könnten die frühen Galaxien mit dem extrem großen Halo aus Wassergas aussehen. (Grafik: A. Angelich/ NRAO/AUI/NSF)
Vor rund 13 Milliarden Jahren erlebten die Galaxien im Kosmos einen ersten Schub der Sternbildung. Wie diese Galaxien aber aussahen und vor allem wie viel Wasserstoff als Sternenbaustoff sie besaßen, blieb bisher unklar. Jetzt haben Astronomen mit Hilfe des Atacama Large Millimeter Array (ALMA) zwei frühe Milchstraßen-Verwandte direkt beobachtet – und Überraschendes entdeckt. Entgegen bisherigen Annahmen besaßen diese Galaxien demnach enorme Halos aus neutralem Wasserstoff.

Interstellare Gase spielen eine entscheidende Rolle für die Sternbildung in Galaxien. Vor allem neutraler Wasserstoff bildet den Baustoff, aus dem neue Sterne entstehen. Wie viel von diesem Gas eine Galaxie enthält und wie es verteilt ist, liefert daher wertvolle Erkenntnisse über ihr Wachstum und ihre Entwicklung. Während sich jedoch die Gasverteilung in der Milchstraße und in nahen Galaxien gut beobachten lässt, ist dies gerade bei den weit entfernten Galaxien des frühen Universums deutlich schwieriger. Das wiederum macht es für Astronomen knifflig, die Gasmenge und die Sternbildung in diesen frühen Galaxien einzuschätzen. Die bisher besten Chancen bot eine spektrale Analyse des Lichts ferner Quasare, das auf dem Weg zu uns durch solche frühen Galaxien fällt. Die Spektrallinien des Wasserstoffs verraten dann, wo solche Gase präsent sind. Doch wie viel Gas beispielsweise frühe Spiralgalaxien enthielten und wie es verteilt war, ließ sich bislang nicht feststellen. Denn die Galaxie selbst blieb bei dieser Methode nahezu unsichtbar:  „Stellen Sie sich ein winziges Glühwürmchen neben dem Strahl eines Suchscheinwerfers vor“, erklärt Erstautor Marcel Neeleman von der University of California in Santa Cruz.

Jetzt jedoch ist es den Astronomen erstmals gelungen, zwei urzeitliche Milchstraßen-Verwandte direkt zu beobachten – mitsamt ihrer Gashülle. Möglich wurde dies durch die Beobachtung der beiden rund 13 Milliarden Lichtjahre entfernten Galaxien mit dem Atacama Large Millimeter/submillimeter Array (ALMA). Diese Teleskope „sehen“ den Kosmos im Bereich der Submillimeter-Strahlung und werden daher nicht vom extrem hellen sichtbaren Licht des Quasars geblendet. „Im Submillimeter-Bereich senden die Hintergrund-Quasare nur wenig Strahlung aus, was die Suche nach den Galaxien erleichtert“, so die Forscher. Für ihre Studie suchten die Astronomen im Licht der Quasare gezielt nach den Spektrallinien von ionisiertem Kohlenstoff, Silizium und Eisen, weil diese in Galaxien dort vorkommen, wo auch Sterne sind. Vergleicht man dann die Lage und Verteilung dieser Signale mit denen des neutralen Wasserstoffgases, lässt sich die Struktur der fernen Galaxie und ihres Gases rekonstruieren.

Riesige Halos aus Wasserstoff

Die Beobachtungen enthüllten Überraschendes: „Wir hatten erwartet, dass wir eher schwache Emissionen direkt vor dem Quasar sehen würden“, berichtet Neelemans Kollege Xavier Prochaska. „Stattdessen sahen wir helle Galaxien in großer Entfernung vom Quasar.“ Anders ausgedrückt: Die zuvor registrierten Wasserstoffwolken reichen erstaunlich weit vom Zentrum der Galaxien weg ins All hinaus. Bei der einen Galaxie erstreckt sich die Wasserstoffwolke bis zu 137.000 Lichtjahre weit, bei der anderen sind es 59.000 Lichtjahre, wie die Astronomen berichten. „So viel Gas so weit entfernt von der Sternbildungs-Region zu sehen bedeutet, dass es eine sehr große Menge neutralen Wasserstoffs um diese Galaxien gibt“, sagt Neeleman. Überraschend ist dies deshalb, weil man bisher annahm, dass gerade die frühen Galaxien mit ihrer hohen Sternbildungsrate nicht gerade reichlich mit diesem gasförmigen Baumaterial ausgestattet waren. „Jetzt zeigt sich, dass zumindest einige von ihnen in der Zeit rund eine Milliarde Jahre nach dem Urknall von einem wahren „Superhalo“ aus Wasserstoffgas umgeben waren.

„ALMA hat damit eine jahrzehntealte Frage zur Galaxienbildung beantwortet“, sagt Koautor Chris Carilli vom National Radio Astronomy Observatory in Socorro. „Wir wissen nun, dass zumindest einige der sehr frühen Galaxien weitaus größere Halos besaßen als bisher angenommen.“ Diese Galaxien besaßen demnach ausreichend Baustoff für ihr künftiges Wachstum. „Diese Ergebnisse liefern und faszinierende Einblicke darin, wie Galaxien ähnlich unserer Milchstraße vor 13 Milliarden Jahren aussahen“, ergänzt Prochaska. „Dies ist die Epoche, in der Galaxien ihren ersten Schub der Sternbildung erlebten –  eine Art erster Blüte, bevor sie rund zwei Milliarden Jahre später den Höhepunkt der Sternbildung erreichten.“ Er und seine Kollegen wollen in den nächsten Jahren mit Hilfe von ALMA nach weiteren Vertretern dieser frühen Sternansammlungen suchen.

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Quelle:

© wissenschaft.de – Nadja Podbregar
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