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Kosmische Einzelgänger inflagranti ertappt

Astronomie|Physik

Kosmische Einzelgänger inflagranti ertappt
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Einzelgänger OTS44 mit seiner Staubscheibe (MPIA / A. M. Quetz)
Schon seit einigen Jahren beginnt die Grenze zwischen Sternen und Planeten immer stärker zu verwischen. Astronomen entdecken immer mehr Himmelskörper, die zwar frei im All schweben, aber zu klein und lichtschwach für normale Sterne sind. Jetzt haben Forscher erneut zwei dieser Sonderlinge aufgespürt. Einer von ihnen ist kleiner als jedes andere Objekt dieser Art. Der andere liefert wertvolle Hinweise darauf, wie solche Einzelgänger entstehen. Denn die Forscher haben ihn quasi auf frischer Tat ertappt.

Früher war alles einfacher: Da gab es zum einen die Sterne – riesige, selbstleuchtende Gaskugeln. Und dann gab es noch die viel masseärmeren Planeten, die das Licht ihres Heimatsterns nur reflektierten. Beide Objekte unterschieden sich auch in ihrer Entstehung: Sterne resultieren aus dem Kollaps gigantischer Gaswolken, Planeten bilden sich dagegen in der Gas- und Staubscheibe rund um einen jungen Stern. Irgendwo dazwischen lagen, etwas weniger eindeutig, die Braunen Zwerge: Sie sind weniger massereich als ein Stern, so dass in ihrem Inneren keine Kernfusionsreaktion einsetzen konnte, aber massereicher als Planeten.

Planetarer Einzelgänger

Nun jedoch haben zwei neue Entdeckungen die Grenze zwischen diesen verschiedenen Objektsorten noch weiter verwischt: Sie zeigen, dass frei im All treibende Objekte mit ähnlicher Masse wie die Planeten auf die gleiche Weise entstehen können wie Sterne. Die erste Entdeckung gelang einem internationalen Astronomenteam unter der Leitung von Michael Liu von der Universität Hawaii. Mit Hilfe des Pan-STARRS1 (PS1)-Teleskops auf Hawaii stießen die Forscher auf ein exotisches junges Himmelsobjekt mit gerade einmal der sechsfachen Jupitermasse, das für sich allein durch den Weltraum treibt – ganz ohne Heimatstern. Dieser Himmelskörper treibt rund 80 Lichtjahre von der Erde entfernt durch das All. Er ist mit rund zwölf Millionen Jahren noch recht jung. Wie die Astronomen berichten, ist er zudem mit nur sechs Jupitermassen eines der masseärmsten frei im All treibenden Objekte, die außerhalb unseres Sonnensystems nachgewiesen werden konnten – womöglich sogar das masseärmste.

Nähere Untersuchungen ergaben, dass das PSO J318.5-22  getaufte Objekt den riesigen Gasplaneten ähnelt, die man in der Nähe einiger junger Sterne gefunden hat. Mit dem entscheidenden Unterschied, dass es eben nicht Teil eines Planetensystems ist, sondern allein umhervagabundiert. Das allerdings hat handfeste Vorteile: Denn bei den bisher bekannten Gasriesen behindert der sie überstrahlende Zentralstern die Sicht und macht ihre Erforschung schwierig. PSO J318.5-22 dagegen kreist nicht um einen Stern und wird sich daher ungleich einfacher untersuchen lassen. „Davon erhoffen wir uns Erkenntnisse über die Eigenschaften und Strukturen von Gasriesen wie Jupiter in einer frühen Phase ihrer Entwicklung“, erklärt Koautor Niall Deacon vom Max-Planck-Institut für Astronomie in Heidelberg.

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Sternengeburt bei einem Planeten?

Eine Frage aber stellte sich den Forschern: Wie war dieser Gasplanet im Nirgendwo entstanden? Wo kam er her? Herkömmliche Planeten werden in Gas- und Staubscheiben rund um ihren jungen  Heimatstern geboren. Aber wie ist es mit Gasplaneten so geringer Masse? Einen Hinweis liefert nun die Studie einer weiteren Gruppe von Astronomen unter Leitung von Viki Joergens vom Max-Planck-Institut für Astronomie. Sie hatten ebenfalls einen Einzelgänger im All untersucht, allerdings im Vergleich zu PSO J318.5-22 geradezu ein neugeborenes Baby. Denn der rund 500 Lichtjahre entfernte Himmelskörper OTS44 ist erst zwei Millionen Jahre alt. Das Besondere an ihm: Obwohl auch er kleiner und leichter ist als ein normaler Stern, ist er von einer dichten Scheibe aus Gas und Staub umgeben.

Beobachtungen mit Hilfe des SINFONI-Spektrografen am Very Large Telescope der ESO in Chile ergaben, dass OTS44 auch jetzt noch Materie aus der ihn umgebenden Scheibe auf sich zieht. Das aber bedeutet zweierlei, wie die Astronomen erklären: Der Himmelskörper steckt noch mitten in der Geburt. Und: die Art, wie er entsteht, ist typisch für einen Stern, nicht aber für einen Planeten. Aber OTS44 hat eine der niedrigsten, vielleicht sogar die allerniedrigste Masse aller Objekte, bei denen je eine Scheibe und einfallendes Material nachgewiesen werden konnten. „Wenn PSO J318.-22 ein junges Himmelsobjekt ist, dann ist OTS44 ein regelrechtes Neugeborenes – und wir sehen, dass es genauso geboren wird wie ein normaler Stern“, sagt Joergens.

Zumindest von der Entstehung her scheint es demnach keinen grundlegenden Unterschied zwischen Objekten wie OTS44 und herkömmlichen Sternen zu geben. Von Sternen bis hinunter zu Einzelobjekten mit der Masse von Planeten laufen offenbar die gleichen Prozesse ab. „Hier haben wir ein weiteres Zeichen dafür, dass unsere herkömmliche Einteilung von Planeten und Sternen, bei der man die Masse als Anhaltspunkt nimmt, uns nichts über die innere Struktur oder die Entstehungsgeschichte solcher Objekte sagt“ kommentiert Hubert Klahr vom Max-Planck-Institut für Astronomie die Arbeiten seiner Kollegen.

Quelle:

© wissenschaft.de – Nadja Podbregar
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