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Ranken statt Leere im Weltall

Astronomie|Physik

Ranken statt Leere im Weltall
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in der vermeintlich leeren Stelle dieses Ausschnitts aus dem kosmischen Netz verbergen sich neu entdeckte Strukturen (Cunnama, Power, Newton, Ciu)
Von wegen unendliche und vorwiegend leere Weiten: Dort, wo im Weltraum eigentlich das große Nichts herrschen sollte, haben Astronomen eine bisher unbekannte Struktur entdeckt. In den freien Bereichen des kosmischen Netzwerks verbergen sich kleinere Rankenstrukturen. Sie bergen jeweils eine Handvoll Galaxien in sich und zweigen von den größeren Gasfilamenten des kosmischen Netzwerks ab. Immerhin fast ein Viertel aller Galaxien in dem kartierten Himmelsausschnitt fanden sich in diesen Ranken – und damit mitten in vermeintlichen Leerstellen des Alls.

Die Galaxien im Kosmos sind nicht einfach wahllos über die unendlichen Weiten verteilt. Stattdessen bilden sie großräumige Strukturen – sie sind Teil eines gigantischen Netzwerks. Dabei ziehen sich Filamente aus vergleichsweise dichtem Gas und Sternenansammlungen kreuz und quer durch den Raum. Sie sind es, die den in ihnen liegenden Galaxien das Rohmaterial für die Sternbildung liefern. Außerhalb dieser Filamente aber regiert die Leere: „Die Zwischenräume im kosmischen Netz gelten als unvorstellbar leer“, erklärt Studienleiter Mehmet Alpaslan von der University of Western Australia in Perth. Hier finden sich gerade einmal eine oder zwei Galaxien in Entfernungen von Millionen von Lichtjahren. Weil in diesen leeren Räumen kaum etwas existiert, liefern sie den Kosmologen wertvolle Referenzdaten zu den Eigenschaften des leeren Raums.

Neue Details zur Verteilung der Materie im Kosmos liefert nun die „Galaxy and Mass Assembly“ (GAMA) Himmelsdurchmusterung. Im Rahmen dieser Erhebung kartieren Astronomen mit Hilfe von sechs großen erdbasierten Teleskopen drei Ausschnitte des Himmels, einen am Himmelsäquator, zwei im Süden. Spektroskopische Daten geben dabei Aufschluss über die Verteilung von Galaxien und ihre Masse. „Unser neuer Katalog liefert tiefere Einblicke ins All als zuvor und wir haben jeden Fleck des Himmels bis zu zehn Mal kartiert, um größtmögliche Genauigkeit zu erreichen“, erklärt Alpaslans Kollege Aaron Robotham. Für ihre Studie haben die Forscher die Verteilung von 45.542 Galaxien im GAMA-Gebiet analysiert – und dabei Überraschendes gefunden.

Galaxien-Ranken im leeren Raum

Wie sich zeigte, sind die leeren Stellen im All gar nicht so leer wie gedacht. Stattdessen finden sich auch dort großräumige Strukturen. „Wir haben dort kleine Fäden gefunden, die aus nur ein paar Galaxien bestehen und in die leeren Räume hineinragen“, berichtet Alpaslan. Das sei eine vollkommen neue, bisher unbekannte Struktur im Kosmos. Im Durchschnitt ist eine solche „Ranke“, wie die Forscher diese Fäden getauft haben, rund 14 Megaparsec lang – das entspricht etwa 45 Millionen Lichtjahren. In jeder Ranke liegen meist weniger als sechs Galaxien. Wie die Forscher berichten, unterscheiden sich diese Ranken damit deutlich von den größeren, viel dichteren Filamenten des kosmischen Netzes. Sie beginnen aber meist an diesen Gasadern und ragen dann in die kosmischen Leerstellen hinein.

„Es war erstaunlich, so viele dieser Ranken in Regionen zu finden, die zuvor als leer galten“, sagt Robotham. Das aber bedeute, dass die kosmischen Leerstellen sehr viel kleiner sein könnten als zuvor angenommen. Und auch Galaxien, die zuvor als Teil solcher Leerstellen galten, sind oft in Wirklichkeit Teil einer Ranke. Immerhin 14.150 Galaxien aus der GAMA-Erhebung ordnen die Astronomen nun solchen Ranken zu. Sie vereinen damit rund 23,8 Prozent aller stellarer Massen in dieser Stichprobe auf sich, wie die Forscher berichten. Nur 2.048 Sternenansammlungen bleiben weiterhin echte Galaxien des leeren Raums.

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Zu wissen, ob eine Galaxie in einer Ranke oder in einer kosmischen Leerstelle liegt, ist wichtig, wie die Forscher betonen. Denn die isolierten Galaxien gelten als wichtige Informationsquelle darüber, wie diese Sternenansammlungen ohne äußerer Störfaktoren entstehen und sich entwickeln. „Es ist daher für solche Studien wichtig, die Galaxien auszuwählen, die wirklich isoliert sind“, so Alpaslan und seine Kollegen. Die Entdeckung der Ranken hat die Auswahl für die Astronomen nun noch einmal deutlich eingeschränkt.

Quelle:

© wissenschaft.de – Nadja Podbregar
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