Im Wissenschaftsmagazin „Science“ haben verschiedene internationale Forscherteams nun gleich acht Publikationen zu den neuen Resultaten der europäischen Rosetta-Mission veröffentlicht. Eine der Studien beschäftigte sich mit der Variation der sogenannten Koma des Kometen – die man auch als seine Atmosphäre bezeichnen könnte. Die Eigenschaften der Koma lassen Rückschlüsse auf den Aufbau von Chury zu, sowie auf die Bedingungen, die auf ihm herrschen, berichten die Forscher um Myrtha Hässig vom Southwest Research Institute in San Antonio (SwRI).
„Hätten wir einfach eine ständige Zunahme der Ausgasrate beim Kometen festgestellt, gäbe es keine Fragen bezüglich dessen Heterogenität“, sagt Hässig. „Stattdessen sahen wir Spitzen bei der Messung der Wasserdichte und ein paar Stunden später beim Kohlendioxid.“ Diese Variation könnte laut Hässig auf einen Tag-Nacht-Wechsel oder auf einen saisonalen „Sommer-Winter“-Effekt hindeuten. Möglicherweise sei der Kometenkern selbst inhomogen. In diesem Fall würde das Material aus verschiedenen Regionen des frühen Sonnensystems bestehen und sich vermischt haben.
Gibt es so etwas wie Jahreszeiten?
„Mit einem Teleskop betrachtet, sehen Kometenkomata von weitem sehr uniform aus, und sie ändern sich auch nicht kurzfristig“, sagt Co-Autor Stephen Fuselier vom SwRI. „Wir waren wirklich überrascht, als wir aus 200 Kilometern Entfernung diese Variationen sahen. Noch überraschender war, dass sich die Zusammensetzung der Koma so stark ändert.“ Den Forschern zufolge bedeutet dies: „Sommer-“ und „Winteratmosphäre“ unterscheiden sich klar in ihrer Zusammensetzung: Sommer wird von Wasser – Winter von Kohlendioxid geprägt.
Durch seine bescheidene Größe von nur vier Kilometern Durchmesser, trennt „Sommer-“ und „Winterzone“ nur etwa ein Kilometer. „Derart große Differenzen in der Atmosphäre auf solch kleine Entfernungen zu sehen, ist außergewöhnlich, sagt Kathrin Altwegg vom Berner Center for Space and Habitability.“Wir müssen nun beobachten, wie sich der Komet entwickelt, wenn er sich der Sonne nähert, um festzustellen, ob die Änderungen der Koma nur durch Temperaturdifferenzen zu Stande kommen oder ob der Kern selbst inhomogen ist.“
Ein scharfer Blick auf den prominenten Kometen
Die neuen Veröffentlichungen haben auch Detailaufnahmen von Churys Oberfläche im Gepäck. Sie sind dem Kamerasystem OSIRIS zu verdanken, das sich auf der Sonde Rosetta befindet, die den Kometen momentan umkreist. Es ist deutlich zu sehen, wie abwechslungsreich die Struktur des Kometen ist, sagt Nicolas Thomas von der Universität Bern. „Teile der Oberfläche erscheinen hart und weisen Bruchflächen auf, andere scheinen zu zerbröckeln. Weitere Teile sind von Staub bedeckt, dessen Verteilung vom ausströmenden Gas verändert wird. Es ist ein erstaunlicher Ort“, so der Astronom.
Ein weiteres Highlight der Publikationen bilden die Untersuchungsergebnisse der Wechselwirkung von Sonnenwind und Koma von Chury. Das vom Kometen ausströmende Gas wird dabei im Sonnenlicht elektrisch geladen und dann vom Sonnenwind weggetragen. Im Fall von Chury ist dieser Effekt weniger ausgeprägt als bei Kometen, die man bisher mit Sonden untersucht hat. Das berichten die Forscher um Hans Nilsson vom Schwedischen Institut für Weltraumforschung in Uppsala. Co-Autor Martin Rubin von der Universität Bern sagt zu diesem Forschungsaspekt: „Für einen Plasma-Forscher wie mich ist es äußerst interessant, diese Wechselwirkung während ihrer Entstehung zu beobachten“.
67P/Churyumov-Gerasimenko bleibt nun weiterhin ein spannendes Forschungsobjekt. Die Mission wird auch zukünftig noch Daten liefern, die Forschern weitere Einblicke in die Eigenschaften, die Geschichte und Bedeutung von Chury selbst, aber auch seiner gesamten Kometenfamilie gewähren. Es bleibt weiterhin spannend!