Als er 1861 von einer Schlange träumte, die sich selbst in den Schwanz biss, kam er auf die geniale Idee: BENZOL, das Molekül mit der Summenformel C 6H 6 (also aus sechs Kohlenstoff- und sechs Wasserstoff-Atomen bestehend), ist ein symmetrisches Sechseck beziehungsweise ein Ring. Und: Das Molekül oszilliert zwischen zwei Grenzstrukturen (siehe Bild), in denen die drei Doppelbindungen ständig die Plätze wechseln, „fluktuieren“. Chemiker sprechen in solchen Fällen von einer „aromatischen Struktur“. Das ist ein historisch bedingter Name, der keineswegs angenehmen Duft garantiert: Auch das Skatol-Molekül, der typische Geruchsstoff von Kot, enthält solch einen aromatischen Strukturanteil.
Startschuss für die Organische Chemie
Erst etwa ein Jahrhundert nach diesem Geniestreich verließen die Chemiker Kekulés Erklärungswelt oszillierender Grenzstrukturen für das Benzol. Seitdem ist die Vorstellung von Molekülorbitalen en vogue – also von Aufenthaltswahrscheinlichkeiten der Elektronen, die an Donuts, Keulen oder Bananen erinnern. Die Strukturformel von Benzol schreibt man daher heutzutage generell als Sechseck mit einem einbeschriebenen Kreis. Der Kreis symbolisiert einen über das ganze Molekül „verschmierten“ Elektronenwolken-Donut.
Doch an Kekulés Grundidee zur Benzolstruktur gibt es bis zum heutigen Tag nichts zu mäkeln: Sechs chemisch gleichartig reagierende Kohlenstoff-Atome, die ein regelmäßiges ebenes Sechseck bilden, außenliegend sechs Wasserstoffatome. Diese Erkenntnis war der Startschuss für die Organische Chemie, die Basiswissenschaft des Erdölzeitalters im 20. Jahrhundert.