Zwar war Wegener beileibe nicht der Erste, dem auffiel, dass die Ostküste von Südamerika und die afrikanische Westküste perfekt ineinander passen. Auch dass die fossile Tier- und Pflanzenwelt sowie geologische Formationen auf beiden Seiten des Atlantiks auffallende Ähnlichkeiten aufweisen, hatten schon vor Wegener andere Forscher bemerkt. Neu waren jedoch die Schlussfolgerungen, die der Fachfremde daraus ableitete, sowie deren Untermauerung durch wissenschaftliche Fakten aus mehreren Disziplinen. Demnach gab es vor Millionen von Jahren einen einzigen Urkontinent. Der brach auseinander, und die dabei entstandenen Kontinente trieben in unterschiedliche Richtungen auseinander.
Diese Vorstellung fanden die Geowissenschaftler, die Wegener mit seiner Theorie konfrontierte, ungeheuerlich. Sie selbst erklärten sich die – unstrittigen – Ähnlichkeiten zu beiden Seiten des Meeres durch einstmals vorhandene Landbrücken, die abgebrochen und in den Ozeanbecken versunken wären. Die Kontinente selbst hielten sie für unverrückbar im Untergrund verankert. Und da kam nun jemand daher, der weder Geologie noch Geophysik studiert hatte und von spezifisch leichteren granitischen Kontinenten faselte, die auf dichteren basaltischen Ozeanböden schwämmen. Was sollte denn die Antriebskraft für diese Kontinentalverschiebungen sein? Dies allerdings war eine Frage, bei der auch Wegener passen musste.
Die letzte Grönland-Expedition
Die Kritik der ganzen Zunft prasselte auf den Außenseiter nieder, in allen Spielarten: Von der milden Ironie („schöner Traum“, „Rauchwölkchen“) des französischen Geologen Pierre-Marie Termier über die Beschwörungen des Amerikaners Rollin Thomas Chamberlin („nicht in die Schulbänke zurückkehren“) bis zur schroffen Häme führender deutscher Geowissenschaftler wie Franz Kossmat und Hans Closs. Unter dieser Lawine wären schwächere Charaktere zerbrochen. Nicht so Wegener. Er bewies nicht nur auf seinen Polarexpeditionen Mut und Härte, sondern auch im lebenslangen Kampf um seine Idee.
Wegener starb im November 1930, 50-jährig, auf seiner letzten Grönland-Expedition. Daher erlebte er nicht mehr, wie seine Theorie in den 1970er-Jahren durch neue Erkenntnisse im Wesentlichen Bestätigung fand. Der Name des posthum viel Geehrten ziert heute sogar einen Mondkrater – was ihn außerirdisch mit seinem Kritiker Termier gleichziehen lässt, nach dem ein Bergrücken (Dorsum Termier) auf dem Erdtrabanten benannt wurde.
Die mehr als 900 Mitarbeiter des Alfred-Wegener-Instituts für Polar- und Meeresforschung in Bremerhaven, einer der herausragenden deutschen Großforschungseinrichtungen, haben ihren Namensgeber bestimmt schon nach den ersten paar Zeilen des Entdeckerrätsels erkannt.