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Mondparadox gelöst?

Astronomie|Physik

Mondparadox gelöst?
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Der Erdmond entstand bei einer gewaltigen Kollision (Hagai Perets)
Der Mond gibt Planetenforschern noch immer Rätsel auf. Denn er ist der Erde ähnlicher als er gängiger Theorie nach sein dürfte. Statt wie andere Monde, Planeten und Asteroiden eine eigene, ganz individuelle Isotopen-Zusammensetzung zu besitzen, ist er in dieser Hinsicht fast ein Zwilling der Erde. Das aber macht seine Entstehung aus Trümmern einer gewaltigen Kollision der Erde mit einem Protoplaneten unwahrscheinlich. Jetzt liefern Forscher neue Informationen, die helfen könnten, dieses Paradox zu lösen.

Der Erdmond verdankt seine Existenz einer kosmischen Katastrophe: Vor rund 4,5 Milliarden Jahren entstand er bei einer Kollision der Erde mit einem marsgroßen Protoplaneten – so die gängige Theorie. Bei diesem Treffer wurde der Impaktor komplett zerstört, seine Trümmer sammelten sich zusammen mit kleineren Anteilen von irdischem Krusten- und Mantelgestein in einer Umlaufbahn um die Erde. Aus diesen bildete sich dann der Mond, der damit zu rund drei Vierteln aus Gesteinsmaterial des einstigen Protoplaneten bestehen müsste. Doch diese Theorie hat einen Haken: Mond und Erde sind sich zu ähnlich. Die Isotopen-Zusammensetzungen einiger entscheidender Elemente, darunter Silizium, Chrom, Wolfram, Titan und Sauerstoff, sind nahezu identisch. Das aber passt nicht zu Analysen, nach denen sich die Himmelskörper im Sonnensystem alle signifikant voneinander unterscheiden – jeder hat quasi seine eigene, typische Isotopensignatur. Wenn der Mond aber einst aus den Trümmern eines solchen Himmelskörpers entstand, müsste er sich ebenfalls von der Erde unterscheiden – das tut er aber kaum.

Ur-Sonnensystem im Computer

„Das stellt das Giant-Impakt-Modell der Mondentstehung vor erhebliche Schwierigkeiten“, erklären Alessandra Mastrobuono-Battisti vom Israel Institute of Technology in Haifa und ihre Kollegen. Die Wahrscheinlichkeit, dass der Protoplanet zufällig der Erde so ähnlich war, lag nach bisherigen Erkenntnissen bei gerade mal rund einem Prozent – eigentlich zu unwahrscheinlich, um der Theorie eine komfortable Basis zu geben. Um dieser Ungereimtheit nachzugehen, haben die Forscher das Verhalten und die möglichen Zusammensetzungen von Gesteinsbrocken in der Urwolke noch einmal genauer untersucht. Für ihre Studie bildeten sie die Akkretionsscheibe des frühen Sonnensystems im Computermodell nach. Rund 85 bis 90 Planetenembryos und rund 1.000 bis 2.000 Planetesimalen kreisten darin zwischen 0,5 und 4,5 astronomischen Einheiten von der Sonne entfernt. Mit diesem Bestand simulierten die Forscher die Bildung der Planeten – und auch die Phase, in der der Mond entstand.

Wie sich zeigte, kollidierten ähnlich wie in der Realität die Planetenbausteine miteinander und bildeten so nach und nach drei bis vier Planeten. „Jeder Planet sammelte dabei eine große Mengen von Planetesimalen ein“, berichten Mastrobuono-Battisti und ihre Kollegen. Nun untersuchten sie, aus welchem Einzugsbereich in der Urwolke dieser Einschläge stammten, denn der Abstand zur Sonne spielt eine entscheidende Rolle für die Zusammensetzung der Brocken. Und tatsächlich fanden sie hier entscheidende Abweichungen zur bisherigen Theorie. Vor allem die letzten großen Einschlagskörper waren den Planeten, mit denen sie kollidierten, auffallend ähnlich. „Ein großer Anteil von Planeten-Impaktor-Paaren hat fast identische Zusammensetzungen“, so die Forscher. Bei immerhin 20 bis 40 Prozent der Einschläge unterschieden sich beide so gut wie gar nicht.

„Damit bieten uns diese Ergebnisse eine Lösung für das Zusammensetzungs-Problem des Impakt-Szenarios der Mondentstehung“, konstatieren Mastrobuono-Battisti und ihre Kollegen. Denn sie machen es deutlich wahrscheinlicher, dass der Protoplanet der Erde in seiner Isotopenchemie ungewöhnlich ähnlich gewesen sein könnte – die Chance steigt immerhin von nur rund einem Prozent auf 20 Prozent und vielleicht sogar mehr. Der marsgroße Impaktor könnte demnach aus dem Einzugsgebiet der jungen Erde gekommen sein und aus Planetesimalen der gleichen  Zusammensetzung entstanden. Er war damit ein – wenn auch kleinerer – Erdzwilling. Als seine Trümmer dann nach der Kollision zum Mond verschmolzen, blieb diese Ähnlichkeit erhalten und machte den Erdtrabanten deshalb unserem Planeten weitaus ähnlicher als allen anderen Himmelskörpern im Sonnensystem.

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Quelle:

© wissenschaft.de – Nadja Podbregar
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