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Kosmische Kinderstuben

Astronomie|Physik

Kosmische Kinderstuben
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Künstlerische Darstellung des Systems von Oph-IRS 48. Credit: ESO/L. Calçada
Viele Sterne haben Familie – sie sind umringt von Planeten und Kometen. Doch wie bilden sich diese stellaren Kinder? Ein internationales Astronomenteam bringt nun Licht in dieses Rätsel: Die Forscher konnten mit dem Atacama Large Millimeter/submillimeter Array (ALMA) in eine Kinderstube um einen jungen Stern blicken: Sie haben eine der sogenannten Staubfallen entdeckt, die bisher nur in der Theorie existierten. Hier wachsen Staubpartikel durch Verklumpung zu immer größeren Objekten heran.

Computermodelle konnten bislang nicht plausibel erklären, wie und warum winzige Staubkörnchen in den Scheiben um junge Sterne immer größer werden, um schließlich zu Steinen, Felsbrocken und größeren Himmelskörpern heranzuwachsen. Sie können zwar beschreiben, wie die Staubkörner zusammenstoßen und dabei aneinander haften bleiben, es bleibt aber unklar, warum sie nicht wieder zerfallen: Wenn größere Staubkörner bei hohen Geschwindigkeiten miteinander kollidieren, werden sie oft in kleine Stückchen zerschlagen und fangen somit wieder bei Null an. Und selbst wenn das nicht passiert, zeigen einige Modelle, dass größere Staubkörner eigentlich auf ihren Mutterstern fallen müssten, bevor sie eine Chance hätten, größer zu werden. Der Staub braucht also eine sichere Bildungszone, wo Teilchen entstehen können, die groß genug sind, um weiter zu existieren: eine Staubfalle. Bislang gab es aber keine Beobachtungen, die diese Staubfallen konkret belegen konnten. Dieser Nachweis ist nun gelungen.

Nienke van des Marel von der niederländischen Sternwarte in Leiden hat zusammen mit anderen Astronomen mit ALMA die Staubscheibe eines Sternsystems namens Oph-IRS 48 untersucht. „Wir waren von der Verteilung des Staubs auf dem Bild vollkommen überrascht”, berichtet van der Marel. „Anstatt des Rings, den wir erwartet hatten, sieht man die Form einer Cashewnuss. Wir mussten uns erst einmal selbst davon überzeugen, dass diese Struktur auch wirklich echt ist. Das starke Signal und die Schärfe der ALMA-Aufnahmen lassen daran aber keinen Zweifel. Erst danach haben wir begriffen, was wir da entdeckt hatten“, sagt die Astronomin.

Kometenfabrik bei der Produktion

Bei dem Fund handelt es sich um eine Region, in der größere Staubkörner gefangen werden und durch Kollisionen und Aneinanderhaftenbleiben weiter wachsen. Also eine Staubfalle – genau das, wonach die Theoretiker gesucht hatten. „Es ist sehr wahrscheinlich, dass wir auf eine Art Kometenfabrik schauen, da die Bedingungen dort im Moment gerade so sind, dass Staubteilchen von Millimeter- zu Kometengröße heranwachsen können. Es ist unwahrscheinlich, dass sich aus dem Staub bei dieser Entfernung vom Stern ausgewachsene Planeten bilden. Aber ALMA wird in naher Zukunft auch in der Lage sein, Staubfallen näher am Mutterstern zu beobachten, wo derselbe Mechanismus am Werk ist. Solche Staubfallen wären dann wirklich die Geburtsstätten von neuen Planeten”, erklärt van der Marel.

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Eine Staubfalle entsteht, wenn größere Staubteilchen in Gebiete höheren Drucks wandern, erklären die Forscher. Computermodelle haben gezeigt, dass solch ein Hochdruckgebiet durch die Bewegung des Gases am Rand einer Lücke entstehen kann – ähnlich wie das in der Scheibe um Oph-IRS 48. Diese Ursache für die Staubfalle hat eine typische Lebensdauer von mehreren Hunderttausend Jahren, sagen die Forscher. Aber auch dann wenn sich die Staubfalle aufgelöst hat, würde es mehrere Millionen Jahre dauern, bis der angesammelte Staub sich wieder verteilen würde, was den Staubkörnern ausreichend Zeit verschafft, um zu wachsen.

„Etwa zur gleichen Zeit als die Beobachtungen gemacht wurden, haben wir an Modellen gearbeitet, die genau diese Art von Strukturen vorhergesagt haben – ein sehr glücklicher Zufall also”, sagt Co-Autor Cornelis Dullemond von der Universität Heidelberg begeistert. „Die Kombination aus Modellierung und hochqualitativen ALMA-Beobachtungen macht dieses Projekt so einzigartig”, resümiert der Astronom.

Nienke van des Marel (Sternwarte in Leiden) et al.: Science, doi: 10.1126/science.1236770 © wissenschaft.de – Martin Vieweg
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