Bisherige Untersuchungen der Massen von Galaxien und ihrer Schwarzen Löcher legten nahe, dass es einen direkten Zusammenhang zwischen der Masse des zentralen Schwarzen Lochs und der Masse der Sterne seiner Galaxie gibt. Typischerweise kommt das Schwarze Loch demnach auf etwa 0,1 Prozent der Gesamtmasse. Dieses Verhältnis spielt eine wichtige Rolle in allen derzeit gängigen Modellen der Galaxienentstehung, betonen die Forscher. Doch das nun entdeckte Gravitationsmonster passt ganz und gar nicht zu diesen Modellen.
Gegen die Regeln: Der Gigant sitzt in einer zu kleinen Galaxie
Der Fund des Giganten gelang den Forschern mit Hilfe von Beobachtungen des Hobby-Eberly Telescopes und archivierten Bildern des Weltraumteleskops Hubble. Das supermassereiche Schwarze Loch befindet sich im Zentrum einer Scheibengalaxie namens NGC 1277. Mit 17 Milliarden Sonnenmassen könnte es das derzeit größte bekannte Schwarze Loch sein, denn beim bisherigen Rekordhalters gibt es Unklarheiten: Seine Masse wird auf 6 bis 37 Milliarden Sonnenmassen geschätzt. Liegt der wahre Wert also am unteren Ende, würde das Schwarze Loch von NGC 1277 diesen Rekord brechen.
Die noch größere Überraschung für die Astronomen besteht allerdings darin, dass die Masse des zentralen Schwarzen Lochs 14 Prozent der Gesamtmasse von NGC 1277 ausmacht. Betrachtet man nur den zentralen, auch Bulge genannten Bereich der Galaxien, kommt das Schwarze Loch sogar auf knapp 60 Prozent der Gesamtmasse – der bisherige Rekordhalter schaffte gerade einmal elf Prozent. Den bisherigen Modellen zufolge müsste ein Schwarzes Loch mit 17 Milliarden Sonnenmassen in einer mindestens zehnmal größeren Galaxie sitzen und nicht in einer kleinen Scheibengalaxie wie NGC 1277, sagen die Astronomen.
Die Frage ist nun: Ist der unverhältnismäßige Gigant nur eine Ausnahme? Vorläufige Untersuchungsergebnisse von den Bosch und seinen Kollegen scheinen darauf hinzudeuten, dass die Antwort ?nein? lauten könnte. Denn die Forscher fanden bereits Hinweise auf fünf weitere Galaxien, die vergleichsweise klein sind, aber dennoch ungewöhnlich massereiche zentrale Schwarze Löcher zu besitzen scheinen. Bestätigt sich die Vermutung, dann müssen Astronomen ihre Modelle der Galaxienentwicklung grundlegend überdenken.