Erst gelb, dann grün war der Feuerball, der mitten in der Nacht über dem Süden von Marokko erschien. Dann teilte sich die Himmelserscheinung, und ein Zeuge hörte zweimal einen dumpfen Knall. Inzwischen wissen die Astronomen: Was am 18. Juli 2011 in der marokkanischen Wüste vom Himmel fiel, waren Bruchstücke des Planeten Mars. In dem Meteoriten stecken Informationen über die Atmosphäre, den Boden und das Innere des Roten Planeten, berichten jetzt Hasnaa Chennaoui Aoudjehane und Kollegen in der Zeitschrift Science.
Nomaden hatten die Bruchstücke mit einem Gesamtgewicht von sieben Kilogramm eingesammelt. Der Meteorit erhielt den Namen Tissint, nach der nächstgelegenen Stadt. Man kennt insgesamt zwar über 100 Mars-Meteoriten, doch die meisten waren schon längere Zeit auf der Erde, bevor sie entdeckt wurden, und könnten daher verunreinigt sein. Der Tissint-Meteorit ist erst der fünfte Mars-Meteorit, der unmittelbar nach dem Absturz geborgen werden konnte. Die meisten Trümmer sind von einer dunklen Schmelzkruste überzogen, die beim Eintritt in die Erdatmosphäre entstanden ist. Als Chennaoui Aoudjehane und ihre Kollegen einige kleinere Fragmente genauer untersuchten, stellten sie fest, dass es sich um Basaltgestein handelt, das schon auf dem Mars verwittert ist. Ungewöhnlich an dem Gestein sind dunkle, glasartige Bereiche zwischen großen Olivin-Kristallen.
Aus ihrer Untersuchung schließen die Forscher, dass der Basalt vor vielen Millionen Jahren durch Vulkanausbrüche an die Marsoberfläche gelangt ist. Im Laufe der Zeit wurde das Gestein durch eine saure Flüssigkeit aus dem Marsboden angegriffen, sagen die Forscher. Die mit Schwefel und Fluor angereicherte Flüssigkeit drang in Ritzen und Spalten des Gesteins ein, wodurch sich dort neue Mineralien bildeten. Bei dem Einschlag, der das Gestein aus dem Marsboden schlug, verflüssigten sich diese Mineralien und erstarrten dann schockartig zu dunklem Glas.
Der Einschlag, der den Tissint-Meteorit vom Mars ins All schleuderte, ereignete sich vor etwa 700.000 Jahren. Man kennt noch ein paar andere Mars-Meteoriten mit ähnlicher Zusammensetzung. Diese ?Shergottite? sind wahrscheinlich Trümmer derselben kosmischen Kollision.
Hasnaa Chennaoui Aoudjehane (Universität von Casablanca, Marokko) et al.: Science, Online-Vorabausgabe, doi: 10.1126/science.1224514 wissenschaft.de – Ute Kehse