Anzeige
1 Monat GRATIS testen, danach für nur 9,90€/Monat!
Startseite »

Ein Klimamodell für Titan

Astronomie|Physik

Ein Klimamodell für Titan
titan05.jpg
Auf dem Mond Titan regnet und stürmt es wie auf der Erde - mit Methan in der Rolle des Wassers. (c) NASA/JPL/Space Science Institute
Regen, Wolken und Luftbewegungen gehorchen auf dem Saturnmond Titan den gleichen Gesetzten wie auf der Erde ? auch wenn dort kein Wasser vom Himmel fällt, sondern der Kohlenwasserstoff Methan. Alle bislang rätselhaften Eigenschaften des titanischen Methanzyklus lassen sich mit einem neuen Atmosphärenmodell problemlos erklären, hat jetzt ein Forscherteam aus Kalifornien entdeckt.

Titan, der zweitgrößte Mond des Sonnensystems, ist gleichzeitig der einzige Trabant mit einer Atmosphäre. Da die Temperatur auf dem fernen Himmelskörper im Schnitt bei minus 180 Grad Celsius liegt, ist Wasser dort steinhart. Der Kohlenwasserstoff Methan ? der Hauptbestandteil von Erdgas ? liegt dagegen als Flüssigkeit vor. Die Beobachtungen der Raumsonde Cassini haben in den vergangenen Jahren gezeigt, dass sich auf Titan regelmäßig Wolken bilden, dass es vor allem in der Nordpolregion größere Seen gibt und dass in niedrigen Breiten seltene, aber heftige Stürme auftreten.

Seen im Norden, Wolken im Süden

Diese Beobachtungen gaben Planetenforschern Rätsel auf. So konnten bisherige Klimamodelle nicht erklären, warum es am Nordpol wesentlich mehr Seen gibt als am Südpol. Im Norden bedecken die ?Gewässer? den Cassini-Daten zufolge 10 Prozent der Fläche, im Süden nur 0,4 Prozent. Ein zweites Problem stellten Hinweise auf kräftige Regenschauer in der Äquatorregion dar. Die Sonde Huygens hatte bei ihrer Landung im Jahr 2005 Kanäle entdeckt, die offenbar durch eine Flüssigkeit ausgehöhlt worden waren, zudem ereignete sich 2009 ein Platzregen am Äquator. Klimamodellen zufolge müsste die Region allerdings knochentrocken sein. Schließlich war auch die Verteilung der Wolken rätselhaft. Sie häuften sich während der letzten zehn Jahre vor allem auf der Südhalbkugel des Mondes, wo bis vor kurzem Sommer war.

Um die Beobachtungen zu erklären, griffen Planetenforscher bislang auf exotische Erklärungen wie zum Beispiel Kryovulkane zurück ? also Vulkane, die keine Lava, sondern zum Beispiel flüssiges Methan ausstoßen. ?Solche esoterischen Mechanismen brauchen wir nicht?, sagt nun Tapio Schneider. Er und seine Kollegen setzten erstmals ein dreidimensionales Klimamodell ein, um Titans Wettermaschine nachzubilden. Sie ließen das Modell zudem für 135 Saturnjahre (4.000 Erdenjahre) laufen, damit es ins Gleichgewicht kommen konnte.

Anzeige

Ein Modell für alle Fälle

Bei den neuen Simulationen stellten sich Titans Eigenheiten ganz von alleine ein: mehr Seen im Norden, episodische Stürme in niedrigen Breiten und Wolken in der Sommerhemisphäre. Die Stürme treten dem Modell zufolge vor allem während der Tag- und Nachtgleichen auf ? genau wie beobachtet. Die Seenplatte am Nordpol erklären die Forscher durch Saturns elliptische Umlaufbahn. Auf der Nordhemisphäre von Titan fällt der Sommer mit dem sonnenfernsten Punkt der Saturnbahn zusammen. Dadurch dauert die niederschlagsreiche Jahreszeit dort länger als im Süden. ?Wir haben nun eine ganzheitliche Erklärung für viele Beobachtungen?, sagt Schneider.

Das Modell erlaubt sogar Vorhersagen für die nähere Zukunft: Da es auf Titans Nordhalbkugel nun langsam wieder Sommer wird, erwarten die Forscher dort in den nächsten zwei Jahren vermehrte Wolkenbildung. Der Füllstand der Seen, die Namen wie Kraken Mare, Ligeia Mare und Punga Mare erhalten haben, sollte sich innerhalb der nächsten 15 Jahre deutlich erhöhen. Schneider freut sich über den schnellen Test für seine Theorie: ?Schon in wenigen Jahren werden wir wissen, ob wir richtig oder falsch liegen.?

Tapio Schneider (California Institute of Technology, Pasadena) et al.: Nature, Bd. 481, S. 58. doi:10.1038/nature10666 © wissenschaft.de – Ute Kehse
Anzeige

Wissenschaftsjournalist Tim Schröder im Gespräch mit Forscherinnen und Forschern zu Fragen, die uns bewegen:

  • Wie kann die Wissenschaft helfen, die Herausforderungen unserer Zeit zu meistern?
  • Was werden die nächsten großen Innovationen?
  • Was gibt es auf der Erde und im Universum noch zu entdecken?

Hören Sie hier die aktuelle Episode:

Dossiers
Aktueller Buchtipp

Sonderpublikation in Zusammenarbeit  mit der Baden-Württemberg Stiftung
Jetzt ist morgen
Wie Forscher aus dem Südwesten die digitale Zukunft gestalten

Wissenschaftslexikon

Oto|lith  〈m. 16; Med.〉 Steinchen im Gleichgewichtsorgan [<grch. ous, … mehr

Raum|git|ter  〈n. 13〉 räumliches Ordnungsprinzip für den gitterförmigen Aufbau von Kristallen

♦ An|thro|po|so|phie  〈f. 19; unz.〉 von R. Steiner (1861–1925) begründete Lehre vom Menschen in seiner Beziehung zur übersinnl. Welt

♦ Die Buchstabenfolge an|thr… kann in Fremdwörtern auch anth|r… getrennt werden.
» im Lexikon stöbern
Anzeige
Anzeige
Anzeige